Spätfolgen vermeiden, Prognose verbessern |
Die Pathophysiologie der diabetischen Nephropathie ist komplex und beruht auf dem Zusammenspiel mehrerer Mechanismen.
Bei einem unentdeckten oder schlecht eingestellten Diabetes mellitus liegt zu Beginn eine chronische Erhöhung des Glucosespiegels im Primärharn vor, was initial zur Hyperfiltration und somit zum Anstieg der glomerulären Filtrationsrate führt. Die Hyperfiltration entsteht, da vermehrt Glucose im proximalen Tubulus vorliegt und mit den dort vorhandenen Natrium- und Chloridionen verstärkt rückresorbiert wird. Folglich ist der Gehalt an Natrium- und Chloridionen im distalen Tubulus reduziert, was wiederum zu einer »Fehlinterpretation« durch die Macula densa führt.
Die Macula densa befindet sich am Ende des distalen Tubulus und misst den Natrium- und Chloridgehalt des Primärharns; sie hat somit eine regulatorische Funktion. Sind die Werte im Primärharn zu niedrig, wird die glomeruläre Filtration als kompensatorische Maßnahme erhöht. Hierzu wird die Vasodilatation des Vas afferens (zuführende Arteriolen) und die Vasokonstriktion des Vas efferens (abführende Arteriolen) veranlasst. Die zunächst kompensatorisch gesteigerte Filtrationsrate überlastet langfristig jedoch die Nephrone und beschleunigt deren Untergang. In dieser frühen Phase der Erkrankung wird die Nierenfunktion anhand der glomerulären Filtrationsrate fälschlicherweise überschätzt und der Beginn der pathophysiologischen Veränderungen häufig nicht erkannt (3, 4).
Nicht besonders groß, aber im gesunden Zustand zu Hochleistungen fähig / © Adobe Stock/horizont21
Über Jahre hinweg kommt es zu fibrotischen Veränderungen, die zur Verdickung der Basalmembran und Schädigung der Podozyten führen. Dies sind spezialisierte Zellen, die für die Filterbarriere der Glomeruli verantwortlich sind. Die fibrotischen Veränderungen am Nierengewebe sind in diesem Stadium noch reversibel, sofern adäquat therapiert und die antidiabetische Medikation optimiert wird. Andernfalls münden sie in irreversible Sklerosen.
Zeitgleich liegt eine Mikroalbuminurie vor, also eine vermehrte Albuminausscheidung von 30 bis 300 mg/g Kreatinin (Albumin-Kreatinin-Quotient) durch eine erhöhte Permeabilität des Glomerulus. Unbehandelt kommt es zur chronischen Nierenerkrankung, die durch eine starke Abnahme der glomerulären Filtrationsrate, ausgeprägte Hypertonie und Makroalbuminurie mit einer Albuminausscheidung von mehr als 300 mg/g gekennzeichnet ist. Im Zusammenhang mit einer diabetischen Vorerkrankung wird in diesem Stadium von der diabetischen Nephropathie gesprochen (5).