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RNA als Arzneistoff

Sirane auf dem Vormarsch

Sirane sind eine moderne, noch kleine Wirkstoffgruppe. Ihre Wirkweise basiert auf der RNA-Interferenz. Damit wird die Bildung unerwünschter Proteine effektiv gehemmt. Doch wie immer liegt die Tücke im Detail.
Theo Dingermann
Ilse Zündorf
05.02.2023  08:00 Uhr

Die Kürzel RNA oder RNS, Akronyme für »ribonucleic acid« oder »Ribonukleinsäure«, assoziieren die meisten wohl mit messenger RNA (mRNA) als Zwischenspeicher im Rahmen der Decodierung der in der DNA gespeicherten Information, mit transfer RNA (tRNA) als Transportmoleküle für Aminosäuren und Vermittler zwischen mRNA und Protein sowie mit ribosomaler RNA (rRNA) als Strukturelemente und Katalysatoren in den Ribosomen. Dass diese einfach gebauten Biomoleküle mit ihrem Ribose-Phosphat-Rückgrat und den vier Nukleobasen Uracil, Cytosin, Adenin und Guanin auch als Arzneimittel fungieren können, hatte man lange für unmöglich gehalten. Andererseits bietet dieses einfache Bauprinzip über die eindeutigen Komplementaritätsregeln für Nukleinsäuren ein Höchstmaß an Bindegenauigkeit bei einer Wirkstoff-Target-Wechselwirkung.

Jedoch hatte man etliche Vertreter der Molekülspezies RNA in den Zellen lange übersehen beziehungsweise deren Bedeutung und Funktion als »Vorlage« für Arzneistoffe nicht verstanden. Darunter finden sich auch die small interfering RNA (siRNA) – das sind synthetische Analoga der micro RNA (miRNA) –, die als »Sirane« heute eine eigene Gruppe sehr innovativer und potenter Wirkstoffe bilden. Allerdings entpuppen sich die scheinbar einfach gebauten doppelsträngigen RNA-Wirkstoffe bei näherem Hinsehen sowohl strukturell als auch mechanistisch als hochkomplex.

RNA-Interferenz

In den Zellen befinden sich jenseits der gut bekannten Vertreter noch viele weitere RNA-Moleküle, darunter die small nuclear RNA (snRNA), die small nucleolar RNA (snoRNA), long non-coding RNA (lncRNA), micro RNA (miRNA), Ribozyme und einige andere mehr. Einen Überblick über die Fülle gibt die Datenbank Rfam (https://rfam.org/), in der man sich beispielsweise alle RNA-Familien anzeigen lassen kann, die im Menschen bisher identifiziert wurden. Diese RNA-Moleküle können vielfältige Funktionen übernehmen: vom Zerschneiden anderer RNA-Moleküle durch Ribozyme bis hin zur Feinmodulierung der Proteinbiosynthese durch miRNA, basierend auf einem Mechanismus, den man als RNA-Interferenz bezeichnet.

Die bahnbrechende Entdeckung der RNA-Interferenz gelang 1998 Andrew Fire und Craig Mello, wofür diese 2006 den Nobelpreis für Physiologie oder Medizin erhielten. Sie zeigten, dass miRNA-Moleküle in der Zelle gebildet werden, um gezielt mRNA stumm zu schalten und dadurch die Biosynthese bestimmter Proteine zu blockieren. Mittlerweile weiß man, dass miRNA lebensnotwendig sind und dass wahrscheinlich 60 bis 90 Prozent unserer Gene auf Ebene der Translation über miRNA reguliert werden (1).

Spätestens seitdem bekannt ist, dass eine Dysregulation bestimmter miRNA kausal an der Entstehung von Tumoren beteiligt ist, rückten diese RNA-Moleküle und der Mechanismus der RNA-Interferenz (RNAi) in den Fokus der Arzneimittelentwicklung (2).

Das Herzstück der RNA-Interferenz bilden kurze doppelsträngige RNA-Moleküle mit einer Länge von 15 bis 30 Basenpaaren. Derartige doppelsträngige RNA-Moleküle können auch als synthetische RNA-Moleküle therapeutisch genutzt werden und werden dann als small interfering RNA (siRNA) bezeichnet.

Wird eine siRNA einem Patienten appliziert und gelingt es ihr, in eine Zelle einzudringen, trifft sie im Zytoplasma auf den sogenannten RNAi-Apparat, den die siRNA benötigen, um »scharf gestellt« zu werden. Dieser RNAi-Apparat wird auch als »RNA-induced silencing complex (RISC)« bezeichnet. Er besteht aus drei Proteinen mit ganz bestimmen Funktionen, die letztlich eine unscheinbare doppelsträngige RNA in ein scharfes Schwert zur Regulation der Genexpression verwandeln (Kasten).

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