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PhiP im HV

Selbstmedikation bei Husten

Keiner will ihn, jeder kriegt ihn hin und wieder – Husten. Besonders in den Wintermonaten ist die pharmazeutische Beratung dazu gefragt. Was es dabei zu beachten gilt, erklärt der 13. Teil der Campusserie »PhiP im HV«.
Carolin Lang
21.01.2022  09:45 Uhr

Husten ist ein Reinigungsmechanismus der Lunge und soll als Schutzreflex die Luftwege von Fremdkörpern oder Schleim befreien. Sowohl entzündliche, chemische oder physikalische Reizungen der Atemwegsschleimhaut als auch mechanische Veränderungen können ihn verursachen. Je nach Dauer unterscheiden aktuelle Leitlinien

  • akuten (bis zu zwei/drei Wochen),
  • subakuten (zwischen zwei/drei und acht Wochen) und
  • chronischen (länger als acht Wochen) Husten.

Die häufigste Ursache für akuten Husten bei Erwachsenen ist eine Atemwegsinfektion mit Erkältungsviren. Diese können eine vorübergehende Entzündung der unteren Atemwege, also eine akute Bronchitis, verursachen. Eine Unterscheidung zwischen grippalem Infekt und akuter Bronchitis ist schwer möglich. Ein Erkältungshusten hält bei Erwachsenen durchschnittlich zwei Wochen an, kann aber auch länger dauern. So kann eine infektbedingte vorübergehende bronchiale Hyperreagibilität auch einen subakuten Husten bedingen. Der viral bedingte Erkältungshusten ist Domäne der Selbstmedikation.

Trocken oder produktiv?

Ein Erkältungshusten ist anfangs meist trocken und im weiteren Verlauf zunehmend produktiv. Die Frage »Ist der Husten trocken oder verschleimt?« galt lange als Klassiker im Beratungsgespräch. Heute bewerten Experten diese Unterscheidung aus therapeutischer Sicht als nicht bedeutsam. Die Produktivität sei von Patientenseite nur schwer einzuschätzen und die Grenzen zwischen beiden Kategorien fließend, so die Begründung. »Für die Einschätzung der Symptome ist die Hustendauer viel entscheidender«, sagte Professor Dr. Christoph Heintze, einer der Autoren der aktuellen S3-Leitlinie »Akuter und chronischer Husten«, gegenüber der PZ.

Therapieoptionen

Normalerweise heilt ein akuter Husten im Rahmen einer Erkältung oder einer akuten Bronchitis auch ohne medikamentöse Therapie folgenlos aus. Eine Medikation kann, wenn vom Patienten gewünscht, zu einer gewissen Linderung der Beschwerden beitragen. Zur Verfügung stehen dabei chemische und pflanzliche Präparate in zahlreichen Darreichungsformen. Während Antitussiva den Hustenreiz lindern sollen, sollen Expektoranzien die Sekretion der Bronchialflüssigkeit fördern oder die Viskosität verfestigten Bronchialschleims senken. Bei pflanzlichen Mitteln ist eine klare Trennung der Wirkungsweise nicht immer möglich.

Chemisch definierte Hustenmittel

Im Bereich der Selbstmedikation sind unter den chemisch definierten Expektoranzien hierzulande vor allem Ambroxol und N-Acetylcystein gebräuchlich. Ambroxol werden sekretolytische und sekretomotorische Effekte, aber auch antientzündliche und antioxidative Eigenschaften zugeschrieben. N-Acetylcystein soll Disulfidbrücken in Mukopolysaccharidfasern spalten und so die Schleimviskosität herabsetzen. Der Arzneistoff kann die Wirkung von Antibiotika wie Tetracyclinen, Aminoglykosiden und Penicillinen abschwächen, weshalb ein zeitlicher Abstand von mindestens zwei Stunden einzuhalten ist. Eine abendliche Einnahme kann durch vermehrtes Abhusten in der Nacht den Schlaf beeinträchtigen. Während die Evidenzlage beider Wirkstoffe nach der S3-Leitlinie bei akutem Husten als nicht überzeugend gilt, ist in der S2k-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie die Rede von »akzeptablen« Studien zu Ambroxol, die »eine Verkürzung der Dauer und/oder die Senkung der Intensität des Hustens bei der akuten Bronchitis belegen.«

Gleiches gilt laut S2k-Leitlinie für das Antitussivum Dextromethorphan. Der Wirkstoff könne bei quälendem Reizhusten eingesetzt werden, heißt es. Die S3-Leitlinie stuft den klinischen Stellenwert bei derzeitiger Studienlage als unklar ein. In jedem Fall ist Alkoholkonsum während der Einnahme zu meiden. Ferner sind Kontraindikationen wie Asthma bronchiale und Wechselwirkungen durch die schwach serotonerge Wirkung sowie die Metabolisierung über CYP2D6 zu berücksichtigen. Es besteht sowohl Missbrauchs- als auch Abhängigkeitspotenzial. Auch Pentoxyverin und Dropropizin kommen als Antitussiva zum Einsatz.

Phytopharmaka gegen Husten

Die Palette an pflanzlichen Mitteln gegen Husten ist groß. Laut S2k-Leitlinie gibt es bei Erkältungsinfekten mehrere Phytotherapeutika mit in randomisierten kontrollierten Studien gegenüber Placebo nachgewiesener Wirksamkeit auf die Dauer und Intensität des akuten Hustens. Hierzu gehören demnach Präparate aus Efeu und Kapland-Pelargonie sowie Kombinationspräparate aus Efeu und Thymian sowie Primel und Thymian. Ferner sind Cineol und Myrtol, ein Destillat auf Basis von Eukalyptus-, Süßorangen-, Myrten- und Zitronenöl, aufgeführt. Die S3-Leitlinie berichtet von einem unterschiedlichen Grad an Evidenz aus kontrollierten Studien für eine schnellere symptomatische Besserung bei akutem Husten gegenüber Placebo. Positive Studienergebnisse liegen demnach für die genannten Kombinations- sowie Pelargonium-Präparate und solche mit Myrtol vor.

Kinder mit Husten

Es gilt der Grundsatz: Kinder sind keine kleinen Erwachsenen. Pharmazeutisches Personal sollte bei Kindern mit Husten daher einige Aspekte berücksichtigen. Zum Beispiel können Präparate mit Menthol oder Campher zur äußerlichen und innerlichen Anwendung bei Kindern unter drei Jahren zu starken, sogar lebensbedrohlichen Atembeschwerden führen. Herstellerangaben zu Altersbeschränkungen und Applikationsort von Ätherisch-Öl-Präparaten sind stets zu beachten. Tritt bei Kleinkindern plötzlich und unvermittelt starker Husten auf, könnten sie einen Fremdkörper eingeatmet haben. Bei Verdacht ist sofort ein Arzt aufzusuchen. Das ist auch notwendig, wenn bei erkälteten Kleinkindern plötzlich bellender Husten auftritt. Dies kann auf einen Pseudokrupp hindeuten.

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