Schwarzmarkt für Covid-19-Präparate boomt |
Jennifer Evans |
01.06.2022 07:00 Uhr |
Nicht überall auf der Welt ist das Original-Präparat für die Covid-19-Therapie so leicht verfügbar. Das lässt den Schwarzmarkt aufblühen. / Foto: PZ/Alois Müller
Die Behandlung mit antiviralen Mitteln wie Molnupiravir (Lagevrio®) und Nirmatrelvir (Paxlovid®) ist für Covid-19-Patienten gedacht, die ein erhöhtes Risiko haben, einen schweren Verlauf zu entwickeln. Doch immer mehr Menschen weltweit beschaffen sich solche Mittel über das Internet und nehmen sie ohne ärztliche Verordnung oder medizinische Überwachung ein. Online ist inzwischen ein extrem lukrativer Schwarzmarkt mit generischen Versionen der Präparate entstanden, wie Recherchen des »British Medical Journal« (BMJ) ergeben haben.
Als Teil seines Engagements hatte Molnupiravir-Patentinhaber Merck, Sharp & Dohme (MSD) vor Kurzem sogenannte Voluntary Licenses (VL) für Generikahersteller erteilt, damit Molnupiravir auch in Ländern mit niedrigem oder mittlerem Einkommensniveau verfügbar ist. Voraussetzung für den Einsatz bleibe jedoch die Autorisierung der lokalen Behörden vor Ort, so der Pharmakonzern auf seiner Website.
Laut BMJ gibt es beispielsweise auf der Website »buymolnupiravironline.com« Molnupiravir für 124,99 Britische Pfund (etwa 147 Euro). Die medizinische Zulassungs- und Aufsichtsbehörde für Arzneimittel in Großbritannien Medicines and Healthcare Regulatory Authority (MHRA) ist alarmiert und hat solche Anbieter nach eigenen Angaben bereits im Visier, weil die Gesundheit der Patienten auf dem Spiel stehe.
Dem BMJ-Bericht zufolge warnen Experten vor allem vor dem Risiko von Missbildungen des Kindes, wenn das Medikament ohne medizinische Überwachung während der Schwangerschaft eingenommen wird. Außerdem weisen sie darauf hin, dass ein unkontrollierter Einsatz eines solchen Arzneimittels auch zu Resistenzen führen kann.
In Ländern wie Mexiko dürfen Covid-19-Arzneimittel nur in staatlichen Kliniken verabreicht werden. Und generische Präparate für die Covid-19-Therapie sind laut BMJ vom Import gänzlich ausgeschlossen. Testkäufe im Rahmen der BMJ-Recherchen haben aber gezeigt, dass drei Verkäufer dennoch bereit waren, 100 Kisten ihres Produkts auch nach Mexiko zu liefern. Einer von ihnen habe sogar Tipps gegeben, wie man den dortigen Zoll umgehen könne, heißt es in dem Bericht.
Kein Wunder, die Gewinnspannen sind hoch: In Mexiko ließen sich die Medikamente demnach mindestens für den achtzehnfachen Preis verkaufen. Insgesamt landeten die Lieferungen jedoch gar nicht mal so häufig in Ländern mit mittlerem oder niedrigem Einkommensniveau, sondern auch in vielen reichen Ländern, heißt es.
Vor allem die ungerechte Verteilung sicherer Medikamente sei »die treibende Kraft«, die den Verkauf von Ausschussware oder Arzneimittel-Fälschungen befeuere, zitiert das BMJ eine Sprecherin der Weltgesundheitsorganisation WHO.
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.