Schleimhaut-Impfstoffe gegen Covid-19 |
Im Februar 2021 begann das Unternehmen Altimmune mit der klinischen Phase-I-Studie seines Impfstoffkandidaten AdCOVID. Dabei handelt es sich, wie bei den Impfstoffen von Astra-Zeneca und Janssen, um einen adenoviralen Vektorimpfstoff. Er wurde so konzipiert, dass nur einer Dosis durch die Nase appliziert werden muss. In Tierversuchen hatte man zeigen können, dass das Prinzip funktioniert: Zumindest in der Lunge der transgenen Labormäuse entwickelte sich eine sterilisierende Immunität.
Ernüchterung folgte dann in einer Phase-I-Pilotstudie mit 80 gesunden Erwachsenen zwischen 18 und 55 Jahren. Die Probanden hatten entweder eine oder zwei Dosen von AdCOVID als Nasenspray in drei Dosisstufen erhalten.
Zwar wurde AdCOVID offenbar gut vertragen und wies ein ähnliches Nebenwirkungsprofil auf wie die intranasal als Placebo eingesetzte Kochsalzlösung. Die Immunogenitätsdaten erwiesen sich jedoch als enttäuschend. Es ließen sich zwar Antikörper nachweisen, die das SARS-CoV-2-Spike-Protein binden und das Virus bei einer Untergruppe von Probanden neutralisieren. Allerdings waren das Ausmaß der Reaktion und der Prozentsatz der Probanden, die auf AdCOVID reagierten, wesentlich geringer als bei anderen Impfstoffen, die bereits für den Notfalleinsatz zugelassen waren.
Auf der Grundlage dieser Daten und in Anbetracht der stark umkämpften Covid-19-Impfstofflandschaft stellte Altimmune die weitere Entwicklung von AdCOVID nach Abschluss dieser Phase-I-Studie ein.
Ein Team um Dr. Jakob Trimpert vom Institut für Virologie der Freien Universität Berlin publizierte erst jüngst eine Studie in »Cell Reports« in der es Ergebnisse zu seinem SARS-CoV-2-Impfstoffkandidaten berichtet. Die Vakzine beruht auf kodon-deoptimierten, lebend-attenuierten SARS-CoV-2. Die gentechnisch modifizierten Viren wiesen erhebliche Replikationsdefekte in kultivierten Zellen und infizierten Tieren auf und hatten wesentliche krankmachende Eigenschaften verloren. Eine einzige Impfung, verabreicht durch einen Tropfen in die Nase von Hamstern, schützte die Tiere vollständig vor einer durch SARS-CoV-2 verursachten Erkrankung.
Forscher um Dr. Ahmed O. Hassan von der Washington University School of Medicine in St. Louis konnten zeigen, dass ihr ChAd-SARS-CoV-2-Vektorimpfstoffkandidat, der auf einem Schimpansen-Adenovirus 36 beruht, nicht nur nach intramuskulärer Applikation, sondern auch nach nasaler Applikation einen guten Schutz vor einer Infektion der Lunge induziert.
Analoge Ergebnisse wurden auch von einem Team um Dr. Neeltje van Doremalen vom Laboratory of Virology, National Institute of Allergy and Infectious Diseases (NIH) in Hamilton, USA, im Fachjournal »Science Translational Medicine« publiziert. Es untersuchte im Tiermodell, inwieweit sich der zugelassene Astra-Zeneca-Impfstoff Vaxzevria® (ChAdOx1 nCoV-19/AZD1222) für eine nasale Applikation eignet. Frühere Studien an Rhesusaffen hatten gezeigt, dass die intramuskuläre Impfung mit dieser Vakzine zwar vor Lungenentzündung schützt, aber die Ausscheidung von SARS-CoV-2 aus den oberen Atemwegen nicht reduziert. Wurde der Impfstoff intranasal verabreicht, verringerte sich die Viruslast im Vergleich zu Kontrolltieren in Abstrichen geimpfter Hamster und Rhesusaffen. Im Lungengewebe wurde nach einer direkten Provokation oder nach direktem Kontakt mit infizierten Tieren keine virale RNA oder infektiöses Virus gefunden.
Ebenfalls ließ sich für einen anderen Impfstoff basierend auf replikationsinkompetenten rekombinanten Adenoviren vom Serotyp 5, der ein kodon-optimiertes Gen für das SARS-CoV-2 Spike-Protein enthielt, zeigen, dass eine intranasale Inokulation bei Rhesusaffen sowohl die Bildung systemischer als auch pulmonaler Antikörper induziert. Diese Antikörper schützten die Affen effektiv nach einer Provokation mit SARS-CoV-2, zeigt eine Publikation in »Nature Communications«.
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.