Roche erhält Notfall-Zulassung der FDA für Hochdurchsatztest |
Christina Hohmann-Jeddi |
14.03.2020 15:08 Uhr |
Bei einer herkömmlichen PCR werden die Proben manuell vorbereitet und in einen Thermocycler eingesetzt. Es gibt aber bereits vollautomatisierte Systeme, die höhere Probenzahlen parallel prüfen können. / Foto: Adobe Stock/Vit Kovalcik
Bei Epidemien ist eine rasche korrekte Diagnostik wichtig, um Infektionen erkennen und Infektionsketten unterbrechen zu können. In Deutschland war die Diagnostik sehr früh gut aufgestellt, zumal der weltweit erste Diagnostiktest in Deutschland von einer Arbeitsgruppe um Professor Dr. Christian Drosten an der Charité in Berlin entwickelt wurde. Sie stellte ihn bereits am 13. Januar dieses Jahres vor. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) veröffentlichte damals das Testprotokoll als ersten Leitfaden für Labore weltweit online. Die PCR-Methode (Polymerase Chain Reaction) zum Nachweis des Virusgenoms gilt als der Goldstandard und ist weithin auch international etabliert. Im ambulanten Bereich wird sie deutschlandweit von etwa 40 Laboren angewendet, meldeten die Akkreditierten Labore in der Medizin (ALM) vor einigen Tagen.
Die USA hinkt im internationalen Vergleich mit der Diagnostik hinterher. Sie hatte den von der WHO genehmigten Test abgelehnt und die US-Behörde für Infektionskontrolle und Prävention (CDC) ein eigenes Verfahren entwickeln lassen. Dieser Test war in der Anfangsphase fehlerhaft, außerdem kam es zu Engpässen bei der Verteilung, heißt es in einem BBC-Bericht. Daher wurden bislang vergleichsweise wenige US-Amerikaner auf das neue Coronavirus getestet. Dem Bericht zufolge wurden in den USA geschätzt 10.000 Test seit Beginn der Epidemie durchgeführt, in Südkorea sind es zum Teil 20.000 Tests am Tag.
Um auch in den USA die Zahl der Tests zu erhöhen und einen besseren Überblick über das Infektionsgeschehen zu erhalten, hat die US-Zulassungsbehörde FDA dem Cobas SARS-CoV-2-Test der Firma Roche nun im Eilverfahren eine Zulassung erteilt. Der Test beruht ebenfalls auf dem PCR-Verfahren, kann dieses aber automatisiert in hoher Zahl durchführen. Das werde die Test-Kapazität deutlich erhöhen, heißt es in der Mitteilung von Roche. Die benötigten Cobas-6800/8800-Systeme seien in vielen Laboren und großen Kliniken in den USA und weltweit vorhanden.
Die vollautomatisierten Systeme führen von der Probenbeladung über die Probenvorbereitung bis hin zur Nukleinsäure-Aufreinigung sowie Amplifikation und Detektion des genetischen Materials mittels Real-Time-PCR alles durch. Laut Hersteller liefern die Diagnostiksysteme Testergebnisse innerhalb von dreieinhalb Stunden – wie der manuell durchgeführt PCR-Test auch, prüft aber viele Proben gleichzeitig. Das Cobas-6800-System kann innerhalb von 24 Stunden 1440 Tests und das Cobas-8800-System 4128 Tests durchführen. Mit ihnen kann auf eine ganze Reihe von Erregern getestet werden – und jetzt auch auf SARS-CoV-2.
Der Cobas SARS-CoV-2-Test soll in allen Ländern eingeführt werden, die eine CE-Kennzeichnung akzeptieren. Dazu gehören auch die Länder der Europäischen Union. Roche kündigt an, Millionen von Tests für diese Systeme pro Monat auf den Markt bringen zu wollen. Das Unternehmen werde »an die Grenzen seiner Produktionskapazitäten gehen«.
PCR-basierte Tests sind derzeit der Goldstandard. Von Schnelltests, die die Antikörper im Blut von Infizierten nachweisen, wird abgeraten. Es wird aber intensiv an Schnelltests geforscht, die Antigene des Erregers zum Beispiel in Rachenabstrichen detektieren.
Zugrunde liegt dem Test auf SARS-CoV-2 eine Polymerase-Kettenreaktion (PCR). Dabei wird mittels des Enzyms DNA-Polymerase, das in Zellen die Erbinformation kopiert, in den Proben vorhandenes genetisches Material vervielfacht, um es nachweisen zu können. Bei einem Test auf einen Erreger werden Stellen des Erregergenoms vervielfacht, die für diesen charakteristisch sind. Das Pathogen wird also anhand seines Erbguts erkannt.
Für die Amplifikation werden Startersequenzen (Primer), kurze Nukleotidketten, benötigt, die am Anfang beziehungsweise Ende der zu kopierenden Stelle liegen. Diese lagern sich an dem einzelsträngigen genetischen Material an; die Polymerase kann ansetzen und die Stelle kopieren. Dann werden die Stränge wieder getrennt und ein weiterer Zyklus initiiert. Der Begriff Kettenreaktion beschreibt in diesem Zusammenhang die Tatsache, dass die Produkte vorheriger Zyklen als Ausgangsstoffe für den nächsten Zyklus dienen und somit eine exponenzielle Vervielfältigung ermöglichen. Das vervielfältigte Material wird dann mittels Gelelektrophorese aufgetrennt und nachgewiesen.
Dieses Grundprinzip der PCR ist beim SARS-CoV-2-Test aber in zwei Punkten abgewandelt. Zum einen handelt es sich bei dem Erreger um ein RNA-Virus, weshalb eine Reverse-Transkriptase-PCR (RT-PCR) verwendet wird, bei der ein Übersetzen der RNA in DNA mittels des Enzyms Reverse Transkriptase vorgeschaltet ist.
Zum anderen wird die Bestimmung quantitativ in Echtzeit (Real time) durchgeführt. Dies bedeutet, dass den Proben zu Beginn ein zunächst inaktiver Fluoreszenz-Farbstoff beigemischt wird, der durch die DNA-Produktion aktiviert wird. Die Fluoreszenz wird bei jedem Zyklus, also in Echtzeit, gemessen, was eine quantitative Bestimmung des genetischen Materials in der Ausgangsprobe erlaubt. Um dieses etablierte Verfahren der Echtzeit-RT-PCR auf einen neuen Erreger anzupassen, muss man nur geeignete Startersequenzen wählen. Das ist möglich, sobald das Erbgut des Erregers entschlüsselt und veröffentlicht wurde.
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.