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Coronavirus

Riechstörung eindeutigstes Covid-19-Symptom

Es bleibt dabei: Eine SARS-CoV-2-Infektion bleibt in den meisten Fällen symptomlos. Das belegt eine neue Studie des University College London (UCL). Doch wenn Symptome auftreten, gilt ein bestimmtes als verlässlichster Hinweis, so das Ergebnis einer weiteren Untersuchung derselben Universität.
Daniela Hüttemann
28.10.2020  16:32 Uhr

Die Wissenschaftler haben Daten von ärztlichen Versorgungszentren in London aus den Monaten April und Mai, dem ersten Höhepunkt der Coronavirus-Pandemie, ausgewertet. 567 Teilnehmer berichteten über Geruchs- und/oder Geschmacksverlust, wurden durch die Studienärzte telemedizinisch betreut und auch auf SARS-CoV-2-Antikörper untersucht. Dieser Test fiel bei 77,6 Prozent positiv aus. Vier von zehn dieser Infizierten hatte aber weder Fieber noch Husten, die allgemein bislang als Kardinalsymptome einer Covid-19-Erkrankung angesehen werden. Ein reiner Geruchsverlust ging dabei mit einer dreifach höheren Wahrscheinlichkeit für einen Antikörpernachweis einher als ein reiner Geschmacksverlust, berichteten die Forscher Anfang Oktober im Fachmagazin »PLoS Medicine«.

»Unsere Ergebnisse zeigen, dass der Verlust von Geruch und Geschmack ein äußerst zuverlässiger Indikator dafür ist, dass jemand wahrscheinlich an Covid-19 leidet«, folgert Studienleiterin Professor Dr. Rachel Batterham. »Wenn wir die Ausbreitung dieser Pandemie verringern wollen, sollte dies von jetzt an von den Regierungen weltweit als Kriterium für eine Selbstisolation, Tests und Kontaktverfolgung herangezogen werden.« Viele Länder würden noch zu sehr auf Fieber und respiratorische Symptome fokussieren.

»Unsere Untersuchungen legen nahe, dass eine wichtige Botschaft für die öffentliche Gesundheit lauten sollte: Menschen, die einen Verlust ihrer Fähigkeit bemerken, alltägliche Haushaltsgerüche wie Knoblauch, Zwiebeln, Kaffee und Parfums zu riechen, sollten sich selbst isolieren und einen Coronavirus-PCR-Tupfertest durchführen«, empfiehlt Batterham. 

Die meisten Infizierten asymptomatisch

Es bleibt das Problem, dass viele Infizierte vollkommen symptomlos sind und das Virus unbemerkt weitergeben. Darauf deutet eine andere Anfang Oktober veröffentlichte Studie des UCL hin. Hierfür schauten sich Epidemiologen um Professor Dr. Irene Petersen die Daten von mehr als 36.000 repräsentativ gewählten Menschen einer Pilotstudie in Großbritannien an, die zwischen dem 26. April und dem 27. Juni auf das Coronavirus getestet wurden und Auskunft über ihre Symptome am Tag des Tests gaben.

625 (1,7 Prozent) berichteten über mögliche Symptome am Testtag. Tatsächlich wurden aber nur 115 Menschen positiv getestet (0,32 Prozent), von denen wiederum nur 16 überhaupt Symptome hatten, während 99 nichts von ihrer Infektion bemerkt hatten (13,9 versus 86,1 Prozent), berichten die Forscher im Fachjournal »Clinical Epidemiology«. »Die Tatsache, dass so viele positiv getestete Menschen am Tag eines positiven Testergebnisses asymptomatisch waren, erfordert eine Änderung der zukünftigen Teststrategien«, folgert Petersen. Weitergehende Tests würden dazu beitragen, stille Übertragungen zu erfassen und möglicherweise Ausbrüche zu verhindern.

»Zukünftige Testprogramme sollten häufige Tests einer größeren Gruppe von Personen beinhalten, nicht nur symptomatische Fälle, insbesondere in Umgebungen mit hohem Risiko oder an Orten, an denen viele Menschen nahe beieinander arbeiten oder leben, wie Fleischfabriken oder Universitätshallen«, empfiehlt die Epidemiologin.

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