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Europäisches Arzneibuch

Pyrogentest bald nur noch ohne Kaninchen

Der Test auf Pyrogene in Parenteralia fand jahrzehntelang als Tierversuch in Kaninchen statt. Mittlerweile gibt es aber Alternativen, die ohne Versuchstiere auskommen. Bald wird auch mit den wenigen Ausnahmen, die noch den Kaninchentest verwenden, Schluss sein.
Annette Rößler
08.03.2023  07:00 Uhr
Pyrogentest bald nur noch ohne Kaninchen

Pyrogene, wörtlich übersetzt Feuer erzeugende Substanzen, sind Stoffe, die bei parenteraler Gabe Fieber erregen. Die wichtigsten Pyrogene sind Endotoxine, die von gramnegativen Bakterien freigesetzt werden. Daneben bilden aber auch einige Viren Pyrogene und auch andere Verunreinigungen können pyrogen wirken. In Arzneimitteln zur parenteralen Anwendung haben Pyrogene selbstverständlich nichts verloren. Deshalb müssen alle Parenteralia nachweislich frei von ihnen sein.

Der Test, mit dem Parenteralia seit den 1940er-Jahren auf Pyrogene geprüft werden, mutet archaisch an: Jeweils drei Kaninchen bekommen die Zubereitung injiziert. Steigt die Körpertemperatur der Tiere innerhalb von drei Stunden nach der Injektion in Summe um weniger als 1,15 K an, gilt der Kaninchentest (Rabbit Pyrogen Test, RPT) als bestanden. Ein Vorteil des RPT – aus menschlicher Sicht – ist, dass er alle bekannten und auch unbekannte Pyrogene erfasst, wobei einschränkend gesagt werden muss, dass Kaninchen nicht auf alle Stoffe, die beim Menschen Fieber erregen, gleich stark reagieren wie er. Der größte Nachteil des RPT liegt auf der Hand: Es ist ein Tierversuch und daher moralisch nur zu rechtfertigen, wenn es keine gleichwertige Alternative gibt.

BET und MAT: Pyrogentests ohne Versuchstiere

Die gibt es aber. So wurde bereits in den 1960er-Jahren der Limulus-Amöbozyten-Lysat- (LAL-) Test oder auch Bakterien-Endotoxin-Test (BET) entwickelt. Er nutzt bestimmte Blutzellen (Amöbozyten) von Pfeilschwanzkrebsen (Limulus polyphemus) zum Nachweis von Bakterien-Endotoxinen. Dieser Nachweis gelingt damit sogar zuverlässiger als mit dem RPT.

Auch der LAL-Test hat allerdings Nachteile, nämlich erstens dass für die Gewinnung der Amöbozyten den Krebsen, die zu den bedrohten Arten zählen, Blut entnommen werden muss. Mittlerweile kann die entscheidende Komponente (Faktor C) aber auch rekombinant hergestellt werden und der BET steht als »Test for bacterial endotoxins using recombinant factor C« seit 2021 als Prüfmethode im Europäischen Arzneibuch (Ph. Eur.).

Ein weiterer Nachteil des BET ist, dass er Pyrogene, die keine Endotoxine sind, nicht erfasst. Dies tut aber der Monozyten-Aktivierungstest (MAT), der 2010 ins Ph. Eur. aufgenommen wurde. Der MAT findet in vitro statt: Menschliches Vollblut wird mit der Prüflösung inkubiert; am Folgetag wird mittels ELISA getestet, ob aus den Monozyten Zytokine freigesetzt wurden.

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