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E-Rezept-Krise

Plattformen und Versender sehen keine Datenschutz-Probleme

Die Landesbeauftragte für Datenschutz Schleswig-Holstein, Marit Hansen, hat Kritik an einigen Übermittlungsverfahren von E-Rezept-Codes geübt. Stellt dies das Geschäftsmodell von Versendern und Plattformbetreibern infrage? Wichtige Akteure im Plattform-Markt sehen keine Datenschutzprobleme bei ihren Angeboten. Die Versender haben ohnehin einen kleinen Vorteil.
Benjamin Rohrer
Anne Orth
24.08.2022  12:40 Uhr

Infolge von Bedenken der Landesbeauftragten für Datenschutz Schleswig-Holstein, Marit Hansen, hat sich die Kassenärztliche Vereinigung Schleswig-Holstein (KVSH) aus der E-Rezept-Testphase zurückgezogen. Wie die PZ bereits berichtete, hat die Datenschutzbeauftragte allerdings nicht das gesetzlich vorgegebene E-Rezept-Verfahren über die Gematik-App infrage gestellt. Vielmehr hat sie Kritik am Mail-Angebot des Praxissoftware-Herstellers Medisoftware geübt. Dieses Programm sollte in der E-Rezept-Pilotregion Schleswig-Holstein zum Einsatz kommen. Es ähnelt in Grundzügen den Geschäftsmodellen der großen Versandhändler und Apotheken-Plattformen.

Hintergrund ist, dass die E-Rezept-Weiterleitung über die Gematik-App bisher kaum genutzt wird, da das Anmeldeverfahren dafür für die Patienten sehr kompliziert ist. Um das Einlösen von elektronischen Verordnungen für Patienten praktikabler zu gestalten, hatte der Praxissoftware-Hersteller Medisoftware die Weiterleitung des E-Rezept-Codes, mit denen die Patienten die Apotheke ihrer Wahl mit der Belieferung beauftragen, via E-Mail etabliert.

Datenschutz-Probleme mit der Scan-Funktion

Dieses Verfahren stuft allerdings die Datenschutzbeauftragte von Schleswig-Holstein als unsicher ein. Hansen geht aber noch einen Schritt weiter und äußerte grundsätzliche Bedenken an der E-Rezept-Weiterleitung via Mail, SMS oder Smartphone-App. Ihre Kritik entzündet sich dabei in erster Linie an der fehlenden Prüfung der Berechtigung. Konkret bemängelt Hansen, dass man in manchen Apps nach dem Scannen des E-Rezept-Codes die Rezeptdaten einsehen kann. »Wenn ohne weitere Berechtigungsprüfung jeder, der auf den Code Zugriff hat, mit einfachen Mitteln wie kostenlosen Apps oder durch Nutzung von Online-Apotheken das vollständige E-Rezept sichtbar machen kann, kommt dies der Übermittlung von Gesundheitsdaten gleich.« Hansen übt damit Kritik an der derzeitigen Praxis von Plattformen und Versandhändlern, die ihren Kunden für die E-Rezept-Codes die Foto-Funktion anbieten. Wörtlich sagte sie gegenüber der PZ: »Hinzu kommt die Nutzungsmöglichkeit von Online-Apotheken, die ein E-Rezept-Scanning ohne Berechtigungsprüfung anbieten«, so die Landesdatenschutzbeauftragte.   

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