Paxlovid bislang eher wenig nachgefragt |
Seit Freitag können Ärzte Paxlovid verordnen, wenn ein SARS-CoV-2-Infizierter ein hohes Risiko für einen schweren Covid-19-Verlauf hat. Die Therapie muss innerhalb der ersten fünf Tage nach Symptombeginn starten. / Foto: imago images/ZUMA Wire
Deutschland hat etwa eine Million Packungen Paxlovid® von Pfizer mit den Wirkstoffen Nirmatrelvir und Ritonavir geordert. Ausgeliefert wird seit voriger Woche über den pharmazeutischen Großhandel; Hausärzte können es seit Freitag verordnen. Laut der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familiemedizin (DEGAM) sind aktuelle die Nachfrage und Verschreibung von Paxlovid in der hausärztlichen Versorgung «eine Randerscheinung», meldet die Deutsche Presseagentur. Der Bundesvorsitzende des Deutschen Hausärzteverbands, Ulrich
Weigeldt, begrüßte zwar die Fortschritte bei der Entwicklung von Covid-19-Medikamenten. «Einen breiten Einsatz von Paxlovid in den Hausarztpraxen erwarten wir nach aktuellem Kenntnisstand jedoch nicht.»
«Paxlovid ist nicht der Pandemieüberwinder, sondern die Impfung», betont die DEGAM. Mit diesem Medikament habe man «einen Notnagel»: Der Einsatz erfordere äußerste Vorsicht und gute Patientenaufklärung und -überwachung. Paxlovid komme nur für eine kleine Gruppe von Menschen in Betracht: «für die ungeimpften Über-65-Jährigen, die noch nicht genesen sind».
«Paxlovid ist kein Allheilmittel», betont auch Professor Dr. Stefan Kluge, Intensivmediziner am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE). Er koordiniert die Leitlinie mit Empfehlungen zur stationären Therapie von Covid-19-Patientinnen und -Patienten. Kluge rechne dennoch mit einer relevanten Zahl von Patienten, die damit binnen fünf Tagen nach Symptombeginn behandelt werden könnten: Geeignet sei das Medikament gemäß der vorliegenden Studie nur für Patienten ohne Impfschutz mit mindestens einem Risikofaktor, wozu etwa auch ein Alter ab 50 Jahre zähle.
Die Behandlung mit den zwei Wirkstoffen (Nirmatrelvir/Ritonavir) habe verglichen mit einem Placebo zu einem um 89 Prozent geringeren Risiko für einen schweren Covid-19-Verlauf geführt, heißt es in der Studie zu Paxlovid im Fachblatt «The New England Journal of Medicine». Für die Studie waren zwei Gruppen verglichen worden: Während rund 1100 SARS-CoV-2-Infizierte fünf Tage lang alle zwölf Stunden Paxlovid bekamen, erhielt die zweite Gruppe ein Scheinmedikament. In der Placebo-Gruppe traten rund ein Dutzend Todesfälle auf, wohingegen keiner der mit dem Medikament behandelten Probanden starb.
Es konnten an der Studie nur Erwachsene in der Frühphase der Infektion und mit Risikofaktoren wie etwa Übergewicht oder Bluthochdruck teilnehmen. Zu Nebenwirkungen wie Geschmacksstörungen, Durchfall und Erbrechen schreiben die Autoren, diese seien nicht ernst gewesen. Durchgeführt wurde die Studie noch vor Entdeckung von Omikron. Eine Wirksamkeit gegen diese und auch gegen andere SARS-CoV-2-Varianten wird jedoch angenommen. «Das gilt auch für Omikron-Subtyp BA.2, der sich gegenwärtig ausbreitet», sagte der Experte der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP), Professor Dr. Stefan Kluge.
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.