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Externer Botendienst

Noweda-Vorhaben könnte vor Gericht landen

Der Rechtsanwalt Morton Douglas, der die Apothekergenossenschaft Noweda bei ihrem Vorhaben eines externen Botendiensts rechtlich beraten hatte, geht davon aus, die aktuell schwelende Diskussion um die Vereinbarkeit mit der Apothekenbetriebsordnung könnte vor Gericht gehen.
Charlotte Kurz
31.07.2020  14:52 Uhr

»Nachdem das Thema jetzt so diskutiert wird, ist durchaus zu erwarten, dass es gerichtlich geklärt wird. Und dafür sind Gerichte auch da. Danach wissen alle, wie es gemeint ist«, erklärt Douglas, der die Noweda zur rechtlichen Zulässigkeit des Botendiensts vor einigen Monaten beraten hatte.

Kern der Diskussion ist, ob das Noweda-Vorhaben mit der Apothekenbetriebsordnung vereinbar sein kann. Der Jurist Ulrich Laut sagt Nein, weil in der Begründung zur letzten Änderung der Apothekenbetriebsordnung vom Herbst 2019 steht, dass der Bote durchgängig der Weisung des Apothekenleiters unterstehen muss. Laut vertritt die Rechtsauffassung, dass die Apothekenleiter in diesem Fall die Weisungsrechte nicht durchgehend durchsetzen  können und somit das Vorhaben nicht mit der Apothekenbetriebsordnung vereinbar ist.

Nach Ansicht seines Fachkollegen Douglas ensteht das Problem erst gar nicht. »Nehmen wir mal an, Apotheker 1 holt drei Lieferungen ab und sagt dem Fahrer, dass die Lieferung an Herrn Müller als Erstes ausgefahren werden muss. Dann fährt der Fahrer zur Apotheke 2 und holt dort nochmal drei Lieferungen ab. Dort sagt Apotheker 2, dass zuerst Herr Schulz beliefert werden soll. Dahingegen erklärt der Fahrer, dass er das nicht machen kann, da er zuerst an Herrn Müller ausliefern muss. Dann muss Apotheker 2 entscheiden, ob der Fahrer als zweites an Herrn Schulz liefern soll oder Apotheker 2 den Dienst nicht in Anspruch nimmt.« Trotz dieser Problematik habe Apotheker 2 in jedem Fall die Weisungshoheit über die Auslieferung der Medikamente, die in seiner Offizin bestellt wurden, so Douglas.

Was die Weisungsrechte der Apotheker allerdings aushebeln würde, wäre der Fall, wenn drei Fahrer eigenmächtig untereinander die Lieferungen austauschten, um beispielsweise die Stadtteile besser aufzuteilen, erklärt Douglas.

Bundesgesundheitsministerium zeigt sich verhalten

Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) äußerte sich ebenfalls zu der Diskussion, allerdings eher verhalten. Das Ministerium lässt anklingen, dass die Hoheit der Botendienste bei den Vor-Ort-Apotheken liegen sollte: »Die Zustellung von Arzneimitteln durch Boten der Apotheke ist in der Apothekenbetriebsordnung geregelt. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf der engen Bindung an die versorgende Apotheke und der Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Rezeptprüfung und Beratung durch das pharmazeutische Personal der Apotheke.« Zur Frage, ob das Vorhaben rechtlich zulässig sei, sagte das BMG gegenüber der PZ: »Ob es sich bei einem bestimmten Geschäftsmodell um Botendienst im Sinne der Apothekenbetriebsordnung handelt und dieses den rechtlichen Anforderungen entspricht, muss im jeweiligen Einzelfall von den zuständigen Behörden im Rahmen der Überwachung geprüft und entschieden werden.«

Datenschutzrechtlich ist der externe Botendienst laut Douglas kein Problem, da die Apotheke eine Auftragsverarbeitung mit dem Noweda-Fahrer abschließen muss, die ihm untersagt, die Kundendaten, die er zur Auslieferung benötigt, zu einem anderen Zweck als zur Auslieferung zu verwenden. Somit ist eine Einverständniserklärung der Kunden, dass die personenbezogenen Daten weitergegeben werden, nicht nötig, so der Jurist. Zudem betont er, dass gesundheitsbezogene Daten nicht weitergegeben werden. Die ausgelieferten Medikamente werden somit in der Apotheke blickdicht verpackt.

Apotheker könnten Abmahnung oder Untersagungsverfügung erhalten

Wichtig ist es, Douglas zufolge jetzt erstmal abzuwarten, wie sich das Vorhaben in der Realität tatsächlich auswirkt und umgesetzt wird. Falls ein Gericht das Vorhaben doch kippen würde, könnte für Apotheker, die einen diesbezüglichen Vertrag mit Noweda abgeschlossen haben, Folgendes passieren: »Entweder ein Mitbewerber, also eine andere Apotheke, könnte ihn abmahnen oder ein Amtsapotheker, also eine Aufsichtsbehörde, gibt eine Untersagungsverfügung ab«, erläutert Douglas. Allerdings sei das auch für die Apotheker eher ein »kleines Gedeck« und vergleicht es mit »einmal auf die Finger klopfen«.

Insgesamt zeigt sich der Jurist über die aktuelle Diskussion eher erstaunt: Aus seiner Sicht gibt es derzeit »sehr viel wichtigere und größere Themen» für die Apotheker. Dabei denkt er an das E-Rezept und Vor-Ort-Apothekenstärkungsgesetz (VOASG). 

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