Noweda-Chef will Milliarden bei den Kassen einsparen |
Juliane Brüggen |
19.03.2023 13:00 Uhr |
Ein Lichtblick sei die Grundhaltung der Apotheken, Patienten unter allen Umständen mit benötigten Arzneimitteln zu versorgen, sagte Overwiening. »Das ist die DNA der Apotheken.« / Foto: Apothekerkammer Westfalen-Lippe
»Demotivierender und demoralisierender kann Politik nicht mit Menschen umgehen, die maßgeblich dabei geholfen haben, aus einer Krisensituation herauszukommen«, verdeutlichte Overwiening in der politischen Diskussionsrunde. Nach den enormen Leistungen während der Pandemie sei die Erhöhung des Kassenabschlags »ein ganz schwerer Schlag ins Gesicht«. Dass Apotheken trotzdem standhielten und alles für die Versorgung der Patienten täten, sei »phänomenal« und verdiene ein großes Dankeschön.
Kuck stellte die Frage, warum gerade Apotheken »das Geld abgepresst« werde – der Blick müsse vielmehr auf die Krankenkassen fallen. Hier könne man ebenfalls 240 Millionen Euro einsparen, wenn diese für die nächsten drei Jahre auf Werbung verzichten müssten. »Das wäre vernünftiges Sparen«, so der Noweda-Vorstandsvorsitzende. Auch das Geld, das in Verwaltungsarbeit versickere, sowie die Anzahl der Krankenkassen müssten diskutiert werden. Im GKV-Sektor liege ein »Milliardenhebel«. Mit Blick auf die Lieferengpässe forderte Kuck eine umfassende Revision des Rabattvertragssystems. Andernfalls könne es keine Versorgungssicherheit geben.
»Nur durch die Pandemie haben wir flexible Austauschregeln erhalten, um die Lieferengpässe einigermaßen zu bewältigen und Menschen sicher zu versorgen«, betonte Overwiening. Die Apotheke brauche die Entscheidungsfreiheit, in Packungsgröße, Packungsanzahl, Wirkstärke und Darreichungsform von der Verordnung abzuweichen, wenn erforderlich. Auch das Ausweichen auf Einzelimporte und Rezepturen bei Lieferengpässen müsse erleichtert werden – ohne ständige Rücksprachen mit dem Arzt und Vorgaben, Rezepte neu auszustellen: »Das ist unwürdig, und zwar für beide Berufsgruppen.« Zumindest ein Teil der Politik habe die Notwendigkeit erkannt: Die erleichterten Austauschregeln der SARS-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung sollen kurzfristig bis Ende Juli 2023 verlängert werden.
Das ändere nichts an dem Bemühen, die Regeln dauerhaft zu etablieren, so Overwiening. »Daran werden wir gemeinsam arbeiten müssen. Das ist kein Selbstläufer. Daran werden wir die gesamte Kraft setzen.« So wie es aktuell geplant ist, könne das Lieferengpass-Gesetz die Situation nicht verbessern. Die erweiterten Austauschregelnan die BfArM-Liste zu knüpfen, sei unsinnig, meinte die Apothekerin, ebenso wie die 50-Cent-Pauschale. Die Liste bilde nicht die Realität ab, habe keinen Aktualitätsanspruch und berücksichtige auch nicht die regionalen Verhältnisse. Obwohl man dies im Bundesministerium für Gesundheit erläutert habe, wurde es nicht berücksichtigt. »Wir haben verdammt viel Arbeit vor uns«, folgerte die Kammerpräsidentin.