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Herpes Zoster

Neues zur Gürtelrose

Herpes Zoster, die Gürtelrose, ist der Klassiker unter den Hautinfektionen des älteren Menschen. Erkranken Jüngere, kann das auf eine zugrunde liegene Immunschwäche hindeuten. Mit dem unverzüglichen Beginn einer Therapie sollen Komplikationen verhindert werden.
Annette Mende
22.01.2020  14:34 Uhr

»Niemals geht man so ganz.« Diese Zeile eines alten Schlagers trifft im medizinischen Kontext auf das Varizella-zoster-Virus (VZV) zu. Bei Kindern löst eine Infektion mit VZV Windpocken aus. Nachdem diese abgeklungen sind, zieht sich der zu den Herpesviren gehörende Erreger in die Ganglien der sensiblen Nerven zurück und bleibt dort.

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Dies ist ein Beitrag aus unserem Archiv. Aktuelle Informationen zum Thema finden Sie auf unserer Themenseite Gürtelrose.

Ist das Immunsystem aus irgendeinem Grund nicht mehr stark genug, um das VZV in Schach zu halten, kann es sich erneut deutlich vermehren. Diese endogene Rezidivinfektion des VZV ist der Herpes Zoster. Der ebenfalls gebräuchliche Name Gürtelrose illustriert, dass sich der schmerzhafte Hautausschlag mit Bläschenbildung streifenförmig – wie ein Gürtel – entlang des betroffenen Nervs zeigt. Auch Gesichtsnerven wie der Trigeminusnerv können betroffen sein; man spricht in diesem Fall von einer Gesichtsrose.

»Da die Immunabwehr im Alter nachlässt, sind vor allem ältere Menschen von Gürtelrose betroffen«, sagte Professor Dr. Helmut Schöfer von der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt am Main beim Fortbildungskongress Pharmacon in Schladming. Die Inzidenz steige von 3,2 Fällen pro 1000 Personenjahre in der Allgemeinbevölkerung auf sieben bis acht bei den 50- bis 80-Jährigen, zehn bei den Über-80-Jährigen und elf bei den Über-90-Jährigen.

»Erkranken junge Menschen an Gürtelrose, sollte man immer nach dem Grund für die Immunschwäche suchen«, sagte Schöfer. Oft sei etwa eine bislang unbekannte HIV-Infektion ursächlich. »Die entsprechenden Inzidenzen betragen in Deutschland 25 pro 1000 Personenjahre bei HIV-Infizierten, 50 bei Organtransplantierten und sogar 220 bei Patienten mit multiplem Myelom, die mit Bortezomib behandelt werden«, informierte der Dermatologe.

Therapie sofort beginnen

Die Therapie erfolgt laut der erst im Vorjahr erschienenen Leitlinie intravenös oder oral mit Aciclovir oder oral mit Brivudin, Valaciclovir oder Famciclovir. Die systemische antivirale Therapie soll unverzüglich begonnen und über sieben Tage fortgeführt werden. »Wahrscheinlich reichen auch fünf Tage, aber nur für die Therapiedauer von sieben Tagen gibt es Evidenz«, sagte Schöfer. Zusätzlich sollen eine lokale antiseptische Therapie sowie eine Schmerztherapie erfolgen.

Der Behandlungsbeginn »möglichst innerhalb von einer Stunde« soll Komplikationen der Gürtelrose, vor allem Schmerzen, verhindern. Beim Zoster-assoziierten Schmerz unterscheidet man laut Schöfer zwischen nozizeptivem Schmerz, der von Entzündungsmediatoren meist im Bläschenstadium der Erkrankung verursacht wird, und neuropathischem Schmerz aufgrund von Nervenläsionen. Letzterer könne ebenfalls akut, aber auch erst drei bis sechs Monate nach dem Ausschlag als postzosterische Neuropathie auftreten. Zoster-Schmerzen sind oft sehr stark und werden als brennend oder bohrend, kurz einschießend oder auch als heftige, sich ausbreitende Berührungsschmerzen beschrieben.

Die Schmerztherapie bei Herpes Zoster sei schwierig, aber machbar, sagte der Mediziner. Der nozizeptive Schmerz solle mit nicht steroidalen Antirheumatika behandelt werden, der neuropathische mit Pregabalin plus gegebenenfalls einem Opioid sowie topisch mit Capsaicin oder Lidocain.

Kardiovaskuläre Komplikationen

Bislang noch wenig bekannt ist, dass nach einer Gürtelrose auch das kardiovaskuläre Risiko erhöht ist. Schöfer zitierte zwei Studien aus dem Jahr 2017, wonach im ersten Jahr danach Schlaganfälle und koronare Herzkrankheit häufiger sind (»PLOS One«, DOI: 10.1371/journal.pone.0181565; »BMC Infectious Diseases«, DOI: 10.1186/s12879-017-2278-z). »Die Höhe des Schlaganfall-Risikos hängt wohl auch davon ab, wo die Gürtelrose war. Nach einer Gesichtsrose oder Herpes Zoster ophthalmicus steigt es stärker als wenn andere Nerven betroffen waren«, sagte der Referent.

Um Herpes Zoster zu verhindern, empfiehlt die Ständige Impfkommission seit 2019 die Impfung mit dem rekombinanten Totimpfstoff Shingrix®. Dieser bietet laut Schöfer gegenüber dem bereits länger verfügbaren Lebendimpfstoff Zostavax® eine Reihe von Vorteilen, etwa dass er auch bei immundefizienten Patienten angewendet werden kann und unabhängig vom Alter des Impflings wirksam ist. Es sei zu hoffen, dass der Hersteller die derzeit noch immer wieder auftretenden Lieferprobleme in den Griff bekomme.

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