Neuer Phosphatase-Hemmer lähmt Krebszellen |
Laura Rudolph |
25.04.2022 11:00 Uhr |
Krebszellen exprimieren vermehrt die wachstumsfördernde Phosphatase PPM1F, welche diese zu einem vielversprechenden Arzneistoff-Angriffspunkt in der Krebstherapie macht. / Foto: Adobe Stock/nobeastsofierce
Alle Prozesse in menschlichen Zellen werden durch das Zusammenspiel der Enzymklassen Proteinkinasen und Proteinphosphatasen mitbestimmt. Eine Fehlregulation hat eine gestörte Proteinphosphorylierung zur Folge – und im schlimmsten Fall Krebs. Während Kinase-Inhibitoren sich schon in der Krebstherapie etabliert haben, war es bisher aufgrund der ungünstigen Eigenschaften der Bindetasche schwierig, Hemmstoffe für Proteinphosphatasen zu entwickeln.
Ein Team um Erstautorin Dr. Tanja Grimm von der Universität Konstanz hat durch ein Hochdurchsatz-Screening von mehr als 55.000 Substanzen einen allosterischen Hemmstoff entdeckt, der selektiv und reversibel die Proteinphosphatase PPM1F hemmt. Ein erhöhtes Aufkommen dieses Enzyms in Krebszellen steht mit verstärkter Invasivität und Metastasenbildung in Verbindung.
Der PPM1F-Hemmstoff, den die Forscherinnen und Forscher »Lockdown« getauft haben, macht Tumorzellen unbeweglich. Dieser zelluläre Lockdown erschwert es den Krebszellen, in gesundes Gewebe vorzudringen. Dies könnte auch Metastasen verhindern. Eine chemische Ester-Modifikation verbesserte die Membrangängigkeit der entdeckten, ursprünglich zu polaren Verbindung. Seine Forschungsergebnisse veröffentlichte das Team kürzlich in der Online-Ausgabe des Fachjournals »Cell Chemical Biology«.
Durch frühere Forschungsarbeiten konnte bereits gezeigt werden, dass das Entfernen des PPMF1-Gens aus der DNA zu unbeweglichen Zellen führt. Da PPM1F vermehrt in entarteten Zellen vorkommt, stellt diese Phosphatase ein recht spezifisches Target für die Krebszelltherapie dar. »Lockdown« verhinderte zudem, dass Glioblastomzellen, eine sehr bösartige Form von Gehirntumoren, Gewebebarrieren zu gesundem Gewebe überwinden konnte.
»Es mag noch ein ferner Traum sein, aber die Möglichkeit, die Metastasierung von Tumoren zu stoppen, wäre ein wesentlicher Fortschritt. Gerade in Situationen, in denen der Primärtumor chirurgisch entfernt werden kann, hängt das mögliche Auftreten von Metastasen wie ein Damoklesschwert über den Patienten«, fasst Grimm in einer Pressemitteilung ihrer Universität abschließend zusammen.