Neuer Kinasehemmer bei GIST |
Annette Rößler |
02.12.2020 07:00 Uhr |
Bei GIST-Patienten mit der D842V-Mutation standen Onkologen bislang mit leeren Händen da. Das ändert sich mit der Einführung von Avapritinib. / Foto: Imago/Roland Mühlanger
Anders als Darm- oder Magenkrebs entstehen GIST im Gastrointestinaltrakt nicht aus den Schleimhäuten, sondern aus Binde- oder Stützgewebe. Es handelt sich um Sarkome, also Tumore, die von Zellen des embryonalen Bindegewebes Mesenchym ausgehen. Diese Krebsart ist sehr selten. Laut Krebsinformationsdienst des Deutschen Krebsforschungszentrums wird in Deutschland jährlich nur bei 800 bis 1200 Patienten die Diagnose GIST gestellt.
Chemo- oder Strahlentherapie spielen bei GIST nur eine untergeordnete bis keine Rolle. Wenn möglich, wird ein GIST operativ entfernt. Als Medikament kommt bei Vorliegen der c-Kit-(CD117)-Mutation Imatinib (Glivec®) in Betracht. Bei Imatinib-Versagen kann auf Sunitinib (Sutent®) ausgewichen werden. Regorafenib (Stivarga®), das für Patienten mit Imatinib- und Sunitinib-Unverträglichkeit oder -Unwirksamkeit entwickelt worden war, hat Hersteller Bayer in Deutschland vom Markt genommen, nachdem der Gemeinsame Bundesausschuss keinen Zusatznutzen erkannt hatte.
Patienten mit der Mutation D842V im Gen PDGFRA, das für den Thrombozyten-Wachstumsfaktor-Rezeptor-alpha kodiert, sprechen auf keine der zugelassenen Therapien an. Für sie steht nun mit Avapritinib (Ayvakyt® 100 mg, 200 mg und 300 mg Filmtabletten, Blueprint Medicines) eine neue Therapieoption zur Verfügung. Der Kinasehemmer darf als Monotherapie bei Erwachsenen mit inoperablen oder metastasierten GIST und nachgewiesener PDGFRA-D842V-Mutation eingesetzt werden. Avapritinib hemmt PDGFRA und unterdrückt so das infolge der Mutation D842V überaktive Wachstumssignal. Darüber hinaus zeigt es laut Fachinformation auch eine Wirksamkeit bei Vorliegen einer anderen Mutation (KIT-D816V), die ebenfalls mit Resistenzen gegen Imatinib, Sunitinib und Regorafenib einhergeht.
Patienten nehmen Ayvakyt einmal täglich auf nüchternen Magen, also mindestens eine Stunde vor oder mindestens zwei Stunden nach einer Mahlzeit, mit einem Glas Wasser ein. Kommt es nach der Einnahme zum Erbrechen, soll keine zusätzliche Tablette eingenommen werden. Hat der Patient eine Einnahme vergessen, soll er sie nachholen, falls es bis zur nächsten geplanten Einnahme noch mehr als acht Stunden sind. Ansonsten wird die Therapie ab dem nächsten Einnahmezeitpunkt wie geplant fortgesetzt. Ayvakyt wird so lange gegeben, bis die Erkrankung fortschreitet oder eine nicht akzeptable Toxizität auftritt.
Die empfohlene Startdosis sind 300 mg. Häufig wird das Medikament aber so schlecht vertragen, dass eine Dosisreduktion oder eine Unterbrechung notwendig werden. Soll die Dosis reduziert werden, erfolgt das in 100-mg-Schritten bis zu einer Mindestdosis von 100 mg täglich. 100 mg täglich sind auch die Startdosis, wenn sich die gleichzeitige Anwendung eines moderaten CYP3A4-Inhibitors nicht vermeiden lässt, denn Avapritinib wird über dieses Enzym abgebaut.
Die gleichzeitige Anwendung mit starken CYP3A4-Inhibitoren sowie mit starken oder moderaten CYP3A4-Induktoren sollte vermieden werden. Nicht empfohlen wird Avapritinib bei schwerer Leber- oder Nierenfunktionsstörung sowie in der Schwangerschaft. Frauen im gebärfähigen Alter müssen während der Behandlung und bis einen Monat nach der letzten Dosis zuverlässig verhüten. Das Stillen sollte während der Behandlung und bis zwei Wochen danach unterbrochen werden.