Neuer Ansatz bei Erdnussallergie |
Annette Rößler |
14.02.2023 16:03 Uhr |
Menschen mit einer Erdnussallergie müssen die Zutatenliste ihrer Lebensmittel ganz genau kennen, denn schon geringe Mengen des Allergens können bei ihnen schwere Reaktionen auslösen. / Foto: Adobe Stock/bodnarphoto
Die Erdnussallergie stellt in Deutschlandlaut dem Deutschen Allergie- und Asthmabund (DAAB) ein wachsendes Problem dar (siehe Kasten). Obwohl sich in den vergangenen Jahren herauskristallisiert hat, dass bei betroffenen Kindern insbesondere mit einer frühen Exposition eine gewisse Gewöhnung an das Allergen oder sogar das Erreichen einer weitgehenden Toleranz möglich ist, gelingt dies in den meisten Fällen nicht. Der Patient muss dann lebenslang Erdnüsse meiden, wobei sich diese Diät laut DAAB »bei kaum einem anderen Allergieauslöser komplizierter darstellt«.
Mit dem Erdnussprotein-haltigen Fertigarzneimittel Palforzia® zur oralen Immuntherapie, das seit 2021 zur Verfügung steht, konnte zwar in Studien eine Desensibilisierung erreicht werden. Dieser Vorteil lässt sich aber aus Sicht des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) nicht auf den Alltag übertragen, weshalb der G-BA Palforzia 2022 einen Zusatznutzen absprach.
Die Erdnussallergie ist mit 0,8 bis 3 Prozent Betroffenen die häufigste Nahrungsmittelallergie bei Kindern. In Deutschland steigen laut DAAB die Zahlen von Erdnussallergikern, weil Erdnüsse (Arachis hypogea) in der Lebensmittelindustrie vermehrt eingesetzt werden. Anders als die meisten anderen Nahrungsmittelallergene lösen Erdnussproteine bereits in winzigen Mengen allergische Reaktionen bis hin zur lebensbedrohlichen Anaphylaxie aus. Ein weiterer Unterschied zu anderen Nahrungsmittelallergien ist, dass diese sich meist mit der Zeit abschwächen, die Erdnussallergie aber nicht.
Bei der Erdnussallergie handelt es sich um eine IgE-vermittelte Typ-I-Allergie. Das bedeutet, dass Betroffene beim allerersten Kontakt mit dem Allergen keine Symptome haben, aber spezifische IgE-Antikörper bilden, die dann bei weiteren Kontakten innerhalb kürzester Zeit an hochaffine IgE-Rezeptoren (FcεRI) auf Mastzellen binden und dadurch die Ausschüttung von Histamin bewirken. Mit Omalizumab (Xolair®) steht seit einigen Jahren ein therapeutischer Antikörper zur Verfügung, der gegen IgE gerichtet ist und eine Herunterregulierung von FcεRI bewirkt. Er besitzt eine Zulassung bei allergischem Asthma, chronischer Rhinosinusitis mit Nasenpolypen und chronischer spontaner Urtikaria, aber keine bei Erdnussallergie. Warum nicht?
Wie ein Team um Nada S. Alakhras von der Indiana University in Indianapolis aktuell im Fachjournal »Science Translational Medicine« ausführt, konnte mit Omalizumab bei Erdnussallergikern in Studien nur sehr schwer ein klinischer Vorteil erreicht werden. Dies sei nur durch häufige Gaben und eine lange Behandlungsdauer oder in Kombination mit einer oralen Immuntherapie gelungen. Nachteilhaft an Omalizumab sei zudem, dass es nicht allergenspezifisch wirke, sondern sämtliche IgE-vermittelten Reaktionen hemme, auch solche, die etwa zum Schutz vor Parasiteninfektionen oder vor Krebs eine Rolle spielen. Die Gruppe um die beiden Seniorautoren Professor Dr. Basar Bilgicer und Professor Dr. Mark H. Kaplan hatte daher bereits vor einigen Jahren eine Substanz entwickelt, die diesen Nachteil nicht hat.
Im Fachjournal »PNAS« hatten die Forscher einen von ihnen so genannten kovalenten heterobivalenten Inhibitor (cHBI) vorgestellt. Dieser bindet spezifisch an IgE-Antikörper, die gegen die beiden stärksten Erdnussallergene Ara h 2 (von Arachis hypogaea) und Ara h 6 gerichtet sind, und formt dabei eine kovalente Bindung. Dadurch werden diese IgE-Antikörper dauerhaft daran gehindert, als Reaktion auf einen Kontakt mit Ara h 2 oder Ara h 6 eine Histaminausschüttung auszulösen. Es handelt sich also bei dem cHBI um einen allergenspezifischen selektiven IgE-Inhibitor.