Neue Therapien bei Gendefekten |
Migalastat (Galafold®) ist ein pharmakologisches Chaperon, das für die Behandlung von Morbus Fabry entwickelt wurde (Tabelle 2). Es bindet selektiv und reversibel mit hoher Affinität an das aktive Zentrum von bestimmten mutierten α-Galactosidase-A-Formen (α-Gal A). Dies stabilisiert die Enzymmoleküle im endoplasmatischen Retikulum und fördert deren Transport zu den Lysosomen. In den Lysosomen wird die α-Gal-A-Aktivität durch die Dissoziation von Migalastat wiederhergestellt und führt zum Katabolismus von GL-3 und ähnlichen Substraten.
In der klinischen Testung profitierten sowohl Patienten, die zuvor mit einer EET (Agalsidase alfa oder Agalsidase beta) behandelt wurden und danach Migalastat erhielten, als auch Patienten, die initial mit dem Arzneistoff behandelt wurden. Die bei Morbus Fabry beeinträchtigte Nierenfunktion blieb stabil, die Herzfunktion verbesserte sich und die Glykosphingolipid-Plasmaspiegel blieben niedrig. In einer gepoolten Analyse der klinischen Daten wurden bei mit Migalastat behandelten Patienten weniger renale, kardiale oder zerebrovaskuläre Ereignisse beziehungsweise eine geringere Mortalität beobachtet als unter EET (29 gegenüber 44 Prozent). Die Therapie wird in der Regel gut vertragen. Häufigste Nebenwirkungen in den klinischen Studien waren Kopfschmerzen, Nasopharyngitis, Übelkeit, Fatigue, Fieber und Parästhesien (33, 38).
Wichtig: Vor der Behandlung mit dem Chaperon (für Patienten ab 16 Jahre) muss mittels eines Gentests festgestellt werden, ob eine auf Migalastat ansprechende Genmutation vorliegt (38).
Ein vielversprechender Ansatz, der sich aber weitgehend in den Anfängen befindet, ist die Gentherapie. In früher klinischer Erprobung sind Gentherapien für Morbus Gaucher Typ 1 (AVR-RD-02) und Morbus Fabry (AVR-RD-01). Den Patienten werden Stammzellen entnommen und die sich darin befindenden CD34+-Zellen aufkonzentriert. Mithilfe eines Lentivirus-Vektors wird eine gesunde Kopie des defekten Gens für die Glucocerebrosidase ex vivo in die Zellen eingeschleust. Die Patienten erhalten dann eine einmalige Infusion ihrer modifizierten Stammzellen. Erste Ergebnisse werden dieses Jahr erwartet (39, 40).
An einem weiteren gentherapeutischen Ansatz, der sich in der frühen klinischen Erprobung bei Morbus Fabry befindet, arbeiten mehrere Unternehmen. Hierbei werden modifizierte, nicht vermehrungsfähige Adeno-assoziierte Viren, die eine gesunde Kopie des GLA-Gens enthalten, infundiert. Die Viren sollen im Patienten die Zellen infizieren, die bei Morbus Fabry betroffen sind (41–43).
Als ultimative Therapie bei schweren Formen einer lysosomalen Speicherkrankheit kann eine Stammzell- oder Knochenmarkstransplantation erwogen werden. So ist zum Beispiel beim Hurler-Syndrom, der schwersten MPS-I-Form, die hämatopoetische Stammzelltransplantation die Behandlung der Wahl für Patienten unter 2,5 Jahren, da sie die Neurokognition erhält und das Überleben verlängert (1, 4).
Bettina Wick-Urban studierte Pharmazie an der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg. Nach ihrer Promotion 1996 in Basel und Freiburg mit einer Arbeit über experimentelle Krebstherapien arbeitete sie bis 1998 als Referentin bei der Arzneimittelinformationsstelle der ABDA. Danach wechselte sie in die pharmazeutische Industrie und war von 1999 bis 2004 in der klinischen Forschung tätig, davon zwei Jahre in den USA. Seit 2004 ist die Autorin in verschiedenen Positionen im Marketing und in der medizinisch-wissenschaftlichen Information beschäftigt. Mitte 2006 schloss sie ein Journalismus-Studium ab.