Neue Therapien bei Gendefekten |
Als Mukolipidosen (ML) bezeichnet man eine Gruppe von derzeit vier autosomal-rezessiv vererbten lysosomalen Speicherkrankheiten. Mukolipidosen ähneln klinisch den Mukopolysaccharidosen, sind jedoch noch seltener. Die vier derzeit bekannten ML sind: Sialidose Typ II (ML Typ I), I-Zellkrankheit (ML Typ II α/β), Pseudo-Hurler-Polydystrophie (ML Typ III α/β) und Sialolipidose (ML Typ IV) (1, 15–18, Tabelle 3).
Ursache dieser Speicherkrankheiten sind Mutationen in Genen, die für Membranproteine kodieren. So ist zum Beispiel bei den ML Typ II und III ein Gen defekt, das für das Enzym N-Acetylglucosaminyl-1-phosphotransferase kodiert; in der Folge kann ein großer Teil lysosomaler Enzyme nicht in das Innere der Lysosomen gelangen. Die Markierung mit Mannose-6-phosphat findet nicht statt und unmarkierte Enzyme werden nicht über den entsprechenden Rezeptor in die Lysosomen aufgenommen. Dies führt zu Fehlfunktionen im Stoffwechsel von Polysacchariden, Lipiden und Glykoproteinen.
Erkrankung, Prävalenz bei Geburt(geschätzt) | Beginn der Erkrankung (Lebensjahre) | Defektes Enzym | Therapie |
---|---|---|---|
Sialidose Typ II (ML Typ I), 1:4.200.000 | N-Acetyl-α-Neuraminidase | unterstützende symptomatische Therapie | |
I-Zellkrankheit (ML Typ II α/β), 1:64.000 bis 1:1.625.000 | 1 | N-Acetylglucosaminyl-1-phosphotransferase | unterstützende symptomatische Therapie |
Pseudo-Hurler-Polydystrophie (ML Typ III α/β), 1:1.000.000 | 2 bis 4 | N-Acetylglucosaminyl-1-phosphotransferase | unterstützende symptomatische Therapie |
Sialolipidose (ML Typ IV), 1:1.000.000 | Kleinkindalter | Mucolipin-1 Membranprotein | unterstützende symptomatische Therapie |
Mit Ausnahme der Pseudo-Hurler-Polydystrophie führen alle ML zu einer schweren psychomotorischen Retardierung der Betroffenen. Weiterhin können Fehlbildungen im Skelettaufbau und Erkrankungen der Netzhaut auftreten. Bislang gibt es keine kausale Behandlung (1, 15–18).
Daneben gibt es weitere lysosomale Speicherkrankheiten wie die zu den Lipidosen zählende Wolman-Krankheit, bei der ein Mangel des Enzyms lysosomale saure Lipase (LAL) die Ursache ist (Tabelle 4). Cholesterolester und Triglyceride häufen sich hier in den Lysosomen an, was zu Wachstumsstörungen und schweren Leberschäden führt. Erkrankte Säuglinge sterben oft innerhalb der ersten sechs Lebensmonate. Zu den Oligosaccharidosen gehört die Alpha-Mannosidose. Der Enzymmangel hat eine Immunschwäche, faziale Anomalien, Skelettveränderungen, Schwerhörigkeit und intellektuelle Defizite zur Folge. Die Prävalenz unter Lebendgeborenen beträgt etwa 1:500.000.
Auch ein Enzymdefekt für das Glykogen-abbauende Enzym α-1,4-Glucosidase ist bekannt. Die infantile Form (Pompesche Erkrankung) beginnt im Alter von drei Monaten mit schwerer Muskelhypotonie, Saug- und Schluckschwäche, hypertropher Kardiomyopathie und zunehmender Lebervergrößerung. Sie führt unbehandelt innerhalb von zwei Jahren zum Tod (1, 19–21, Tabelle 4).
Erkrankung, Prävalenz bei Geburt(geschätzt) | Beginn der Erkrankung (Lebensjahre) | Defektes Enzym | Therapie |
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Glykogenose Typ 2 (Morbus Pompe), 1:138.000 infantile Form | ab 3 Monaten | Saure α-1,4-Glucosidase | EET: Alglucosidase alfa (Myozyme®), 20 mg/kg KG alle 14 Tage iv |
Lysosomale saure Lipase-Mangel (Wolmansche Krankheit), 1:177.000 | Kindheit | Lysosomale saure Lipase (LAL) | EET: Sebelipase alfa (Kanuma®), 1 mg/kg KG alle 14 Tage iv |
Alpha-Mannosidose, 1:500.000, Typ 1 (schwer) | 3 bis 12 Monate | α-Mannosidase | EET: Velmanase alfa (Lamzede®): leichte bis mittelschwere, nicht neurologische Erkrankung. 1 mg/kg KG einmal wöchentlich iv. Knochenmark- und Stammzelltransplantation |
Alpha-Mannosidose, 1:500.000, Typ 2 (leicht) | 1 bis 4 | α-Mannosidase | EET: Velmanase alfa (Lamzede®): leichte bis mittelschwere, nicht neurologische Erkrankung. 1 mg/kg KG einmal wöchentlich iv. Knochenmark- und Stammzelltransplantation |
Neuronale Ceroid-Lipofuszinose Typ 2 (CLN2) | 2 bis 4 | Tripeptidyl-Peptidase-1 (TPP1) | EET: Cerliponase alfa (Brineura®), 300 mg jede 2. Woche als intrazerebroventrikuläre Infusion |
Niemann-Pick-Syndrom Typ C, 1:130.000 | sehr unterschiedlich, ab Kindheit bis ins Erwachsenenalter | NPC-1/2-Lipid-Transportproteine | SRT: Miglustat (Zavesca®): 200 mg dreimal täglich oral, hämatopoetische Stammzelltransplantation bei jungen Patienten mit NPC-2-Defekt |