Neue Option bei fortgeschrittener CLL |
Duvelisib wird über CYP3A4 metabolisiert. Der Arzneistoff und sein Hauptmetabolit sind zudem starke Inhibitoren von CYP3A4. Die gleichzeitige Anwendung mit Induktoren beziehungsweise anderen Inhibitoren dieses Enzyms ist daher möglichst zu vermeiden. Ist sie unumgänglich, muss unter Umständen die Duvelisib-Dosis oder die des Interaktionspartners angepasst werden. Da möglicherweise auch die Wirksamkeit hormoneller Empfängnisverhütungsmittel herabgesetzt ist, sollen Frauen im gebärfähigen Alter zusätzlich eine Barrieremethode anwenden, um eine Schwangerschaft vorsichtshalber möglichst zu vermeiden. Während der Behandlung mit Copiktra und mindestens einen Monat danach sollte nicht gestillt werden.
Nebenwirkungen sind häufig und können schwerwiegend sein. In den Studien wurden folgende Nebenwirkungen am häufigsten (≥ 20 Prozent der Behandelten) gemeldet: Diarrhö, Kolitis, Neutropenie, Ausschlag, Ermüdung, Fieber, Husten, Übelkeit, Infektion der oberen Atemwege, Pneumonie, Schmerzen des Muskel- und Skelettsystems sowie Anämie. Die häufigsten schwerwiegenden Nebenwirkungen waren Pneumonie, Kolitis und Diarrhö.
Die Wirksamkeit von Duvelisib bei CLL wurde in der offenen, randomisierten Studie IPI-145-07 gezeigt, an der insgesamt 319 Patienten teilnahmen. 312 von ihnen litten an CLL und sieben an kleinzelligem lymphozytischem Lymphom (SLL), das mit CLL eng verwandt ist und genauso behandelt wird. Die Teilnehmer erhielten randomisiert entweder Duvelisib oder Ofatumumab.
Einschlusskriterium für die Studie war mindestens eine vorherige Therapie. Die Zulassung von Copiktra basiert aber auf der Auswertung von Patienten mit mindestens zwei vorherigen Therapielinien, da bei ihnen das Nutzen-Risiko-Verhältnis positiver war. Diese Teilpopulation umfasste 196 Patienten, von denen 95 mit Duvelisib behandelt wurden (median über 13 Monate) und 101 mit Ofatumumab (median über fünf Monate). Ein Vorteil für Duvelisib zeigte sich sowohl im primären Endpunkt progressionsfreies Überleben (PFS) als auch im sekundären Endpunkt Gesamtansprechrate (ORR): Das mediane PFS betrug im Duvelisib-Arm 16,4 Monate und im Ofatumumab-Arm 9,1 Monate; die ORR lag bei 78,9 Prozent versus 38,6 Prozent.
Die Studie IPI-145-06 war eine einarmige Studie mit Patienten mit verschiedenen indolenten B-Zell-Lymphomen, darunter 73 mit rezidiviertem oder refraktärem FL nach mindestens zwei vorherigen Therapielinien. Die Studienteilnehmer wurden im Median sieben Monate lang mit Duvelisib behandelt. In dieser Studie war die ORR der primäre Endpunkt, den von den FL-Patienten 29 (40 Prozent) erreichten.
Ein wirklicher Therapiefortschritt ist bei Duvelisib vorerst nicht erkennbar, weshalb die Einstufung als Analogpräparat gerechtfertigt ist. Es handelt sich um einen weiteren Phosphoinositid-3-Kinasehemmer. Das Wirkprinzip ist bereits von Idelalisib bekannt, welches nur die δ-Isoform des Enzyms inhibiert. Duvelisib blockiert zudem auch die γ-Isoform. Der Beitrag der Inhibition der γ-Isoform zur Wirksamkeit ist laut Fachinformation jedoch unter Umständen begrenzt. Einen direkten Vergleich mit Idelalisib gibt es nicht.
Auch hinsichtlich des Einsatzgebiets sind die Unterschiede zwischen Idelalisib und Duvelisib gering. Zwar wird Idelalisib bei CLL mit Rituximab kombiniert und Duvelisib darf als Monotherapie zum Einsatz kommen. Dafür ist Idelalisib aber schon in der Zweitlinientherapie, teilweise sogar als Erstlinientherapie, zugelassen. Duvelisib wird frühestens in der Drittlinie angewendet. In der Indikation follikuläres Lymphom gibt es keine Unterschiede bezüglich des Zeitpunkts, zu dem die beiden Wirkstoffe eingesetzt werden dürfen.
Last, but not least ist auch unter Duvelisib ein nicht zu vernachlässigendes Risiko für Toxizitäten beobachtet worden, sodass der Arzneistoff auch in dieser Angelegenheit keine besonderen Vorteile gegenüber Idelalisib vorweisen kann.
Sven Siebenand, Chefredakteur