Nachwuchs verzweifelt gesucht! |
Einen solchen Versorgungsmehrwert hat Apothekeninhaber Stefan Göbel für seinen Betrieb herausgearbeitet. Er hat es mit Motivation durch Wertschätzung und Kompetenzsteigerung geschafft, seine Apotheke im osthessischen Heringen vor Personalmangel zu schützen. Obwohl im ländlichen Raum angesiedelt, habe er kein Problem, engagiertes Personal zu finden.
Göbels Rezept: Seine Offizin bietet bereits seit Jahren Medikationsanalysen an – ein Service, von dem nicht nur die Patienten, sondern auch Göbels Mitarbeitende profitieren. Denn mit dieser pharmazeutischen Dienstleistung werde die herkömmliche Beratung aufgewertet, was wiederum einen Kompetenzeffekt nach sich ziehe: Sowohl Patienten als auch Ärzte nähmen das Apothekenpersonal aufgrund ihres Engagements anders wahr, wie Göbel im Frühjahr beim PZ-Managementkongress auf Mallorca berichtete. Das erfülle die Mitarbeiterinnen mit Stolz und dem Gefühl, wertgeschätzt zu werden – ein echter Pull-Faktor (nicht nur) für pharmazeutisches Personal.
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Nicht nur hierzulande fehlen Fachkräfte. Gleichermaßen düster sieht es im benachbarten Ausland aus. Auch in Österreich und der Schweiz gibt es viel zu wenig pharmazeutisches Personal. Die dortigen Standesvertretungen wollen deshalb Nägel mit Köpfen machen. Seit Kurzem laufen in beiden Alpenrepubliken unabhängig voneinander Kampagnen zur Nachwuchsförderung.
Pharmasuisse, der Apothekerverband der Eidgenossen, setzt dabei auf ein mehrjährig angelegtes digitales Nachwuchsförderprojekt mit eigener Website. »Choose Your Impact« heißt die Kampagne, die vor allem junge Menschen ansprechen soll. Neben der bunt designten Website sollten auch Social-Media-Posts für den Apothekerberuf oder den Beruf »Fachmann oder Fachfrau Apotheke« werben, erklärt eine Pharmasuisse-Sprecherin im Gespräch mit der PZ. Mit Vorträgen will Pharmasuisse gezielt auf Schülerinnen und Schüler zugehen.
Auch Österreich hat die Generation Z im Visier. Im März startete der Apothekerverband eine Personalkampagne, die sich vor allem an die 14- bis 24-Jährigen richtet. Mit Videos und Infopaketen sollen diese für eine Lehre als Pharmazeutisch-kaufmännische Assistenz oder für ein Pharmaziestudium begeistert werden, erklärt ein Verbandssprecher der PZ. Auch deren Eltern sowie potenzielle Quereinsteiger sollten sich angesprochen fühlen.
Die Kampagne läuft 2023 auf sämtlichen Kanälen mit Schwerpunkt auf den digitalen Plattformen der GenerationZ– TikTok, Instagram, Twitch, YouTube, Spotify und Google. Auch auf Plakaten, in TV und Kino sowie auf Facebook seien die Botschaften zu sehen. Im April sei ein Schulpaket mit Informationen zu Studium und Lehre an 1300österreichische Schulen verschickt worden; für Apotheken stünden Folder und Plakate zu Studium und Lehre zum Verteilen in der Apotheke sowie als Unterstützung für Apotheker, die in Schulen eingeladen werden, bereit.
Nicht weniger anziehend für potenzielle neue Mitarbeitende dürfte es ein, wenn der Betrieb für seinen wertschätzenden Umgang mit dem Team ausgezeichnet ist. Einen solchen Effekt verfolgt der Award »Apotheke der neuen Zeit – Great Apo to work«. Etabliert hat ihn Apothekencoach Nicole Müller, die unter anderem Mentoring-Programme für weibliche Führungskräfte anbietet. Im Rahmen dieser Programme wird das Siegel je für ein Jahr verliehen. Die Auszeichnung honoriere »die besten Apotheken mit der besten Entwicklung nach einem festen Kriterienkatalog«, so Müller zur PZ.
Das Siegel bescheinigt, »dass man als Team zu 100 Prozent einen wertschätzenden und inspirierenden Umgang lebt – und zwar täglich und mit vollem Einsatz«. Das binde das Personal und erleichtere zudem, weiteres zu finden, sagt die PTA, die auch als Apothekenreferentin sowie als Verkaufs- und Marketingdirektorin eines Pharmaunternehmens arbeitete.
Stichwort Personal: Warum dieses bei der Personalsuche eigentlich nicht einbinden? »Bevor man eine Stellenanzeige schreibt, kann man zuerst gemeinsam mit dem Team überlegen, wen man eigentlich genau braucht«, rät Müller. Es gelte herauszufinden, welche persönlichen und fachlichen Eigenschaften die neue Person mitbringen sollte. »Wer das Team mit einbezieht, kann von Synergien profitieren: Die Mitarbeitenden merken, dass ihre Meinung gehört und geschätzt wird.« Auch hier leuchtet sie also wieder, die Strahlkraft der Wertschätzung – die laut Müller ein nachhaltigerer Motivator sein könne als ein hohes Gehalt.