Nachwuchs verzweifelt gesucht! |
Als Grund für den fehlenden Nachschub an jungen Approbierten nennt Stahl unter anderem die schlechten Ausbildungsumstände in Rheinland-Pfalz. Die Unigebäude der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz sind stark in die Jahre gekommen. Vor allem das pharmazeutische Institut ist marode. Die Kammer ist schon seit Längerem mit der Institutsleitung und der Landesregierung im Gespräch. Zwar gibt es nun endlich von der Landesregierung die Zusage für einen Neubau. Aber die Anzahl der Studienplätze soll nicht erhöht werden.
Konzipiert für 50 Studierende pro Semester, platzt das Institut schon jetzt aus allen Nähten, berichtet Dekanin Professor Dr. Tanja Schirmeister. Demnach laufen etwa die pharmazeutischen Praktika aus Platzmangel im Schichtbetrieb zeitversetzt und teilweise auch in den Semesterferien.
Um den Bedarf an Approbierten zu decken, fordern Kammer und Verband dringend eine Aufstockung. »Gemeinsam mit der Landesapothekerkammer sind wir der Meinung, dass rund 100 Studienplätze pro Semester in Mainz angestrebt werden sollten«, so Peter Schreiber, Geschäftsführer des Landesapothekerverbands Rheinland-Pfalz. Die unzureichende Studiensituation führe dazu, dass viele Interessierte in andere Bundesländer abwandern, um zu studieren. Oft bleiben sie nach der Approbation dann dort und kommen nicht zurück.
Auch in Thüringen ist die Lage problematisch. Im vergangenen Jahr mussten zehn Apotheken schließen. Die verbliebenen 507 Offizinen werden derzeit von nur noch 389 selbstständigen Inhabern geführt. »Das ist der niedrigste Wert seit 1991«, sagt Danny Neidel, Geschäftsführer der Landesapothekerkammer Thüringen (LAKT).
Personalengpässe seien neben einer überbordenden Bürokratie sowie den sich verschärfenden Lieferengpässen derzeit die größten Herausforderungen oder eben auch Hindernisse für den Weg in die Selbstständigkeit. Deren Ausmaß zeigt ein Blick in den Stellenmarkt der LAKT: Waren Ende 2012 noch 151 Apotheken auf der Suche nach Approbierten, sind es Ende 2022 bereits 306.
Neidel betont insbesondere die Lücke bei den Pharmazieingenieuren. »Die jüngste Pharmazieingenieurin in Thüringen wurde gerade 53. Das bedeutet: In spätestens 15 Jahren gibt es keine Ingenieurinnen oder Ingenieure mehr in den Thüringer Apotheken.« Zum Jahresanfang waren es noch fast 550.
Hinzu kämen etwa 275 Apothekerinnen und Apotheker, die heute zwischen 52 und 67 Jahre alt sind und die aller Wahrscheinlichkeit nach innerhalb der nächsten 15 Jahre in Rente gehen werden. »Wenn nichts geschieht, fehlen im Jahr 2040 etwa 400 Apothekerinnen und Apotheker.«
In Deutschland gibt es zu wenig Pharmaziestudienplätze, konstatieren die Berufsverbände der Apotheker und der Bundesverband der Pharmaziestudierenden in Deutschland. / Foto: Adobe Stock/NDABcreativity
Um gegenzusteuern, kämpfen Kammer und Verband schon lange nicht nur für einen Neubau des sehr in die Jahre gekommenen pharmazeutischen Instituts in Jena. Dieser wurde 2022 von der Landesregierung endlich bewilligt. Sondern sie pochen auch auf eine Aufstockung der derzeit 75 Studienplätze/Jahr. Leider bislang vergebens. »Wir haben uns eine Erhöhung auf 100 Studienplätze gewünscht. Denn Fakt ist, dass diese auch dringend gebraucht werden«, so Neidel.
»Die zugesagte Modernisierung, die wir für das Jahr 2035 erwarten, kommt viel zu spät und wird ohne eine gleichzeitige Erweiterung den Anforderungen an die Zukunft nicht gerecht«, kritisiert der Geschäftsführer. »Im Grunde ist ein zu kleines Institut ein politisch herbeigeführter Mangel.«