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Cannabis-Diskussion

Movassat: »In Apotheken kaufe ich auch nicht mein Bier«

Bei der Diskussion über mögliche Abgaben von Cannabis zu Genusszwecken kamen bei einer Diskussionsrunde der Internationalen Cannabis Business Konferenz (ICBC) Apotheken ins Spiel. Niema Movassat von den Linken sieht Apotheken anders als die FDP hierfür aber nicht als den richtigen Ort. Bezüglich bestehender Probleme bei der Versorgung von Patienten mit medizinischem Cannabis waren sich die Politiker von CDU, SPD, Grüne, Linke und FDP schon eher einig.
Charlotte Kurz
26.08.2021  16:30 Uhr
Movassat: »In Apotheken kaufe ich auch nicht mein Bier«

Die kommende Legislaturperiode, eingeläutet durch die nächste Bundestagswahl am 26. September, wird einiges an Veränderung der bisherigen Cannabis-Regelungen mit sich bringen. In diesem Punkt waren sich die fünf Politiker der Diskussionsrunde im Rahmen der Internationalen Cannabis Business Konferenz am Donnerstag in Berlin einig.

Es sei zwar gut, dass seit 2017 Medizinalcannabis-Verordnungen von der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) bezahlt würden, erklärte Wieland Schinnenburg, Bundestagsabgeordneter und drogenpolitischer Sprecher der FDP. Allerdings sei es auch ein Verstoß gegen das Gesetz, dass derzeit rund 40 Prozent der beantragten Cannabis-Verordnungen von Kassenseite abgelehnt würden. »Wir haben genügend Menschen, die Medizinalcannabis brauchen, es kann nicht sein, dass die Krankenkassen dies verweigern«, konstatierte er. Dagegen möchte die FDP vorgehen. Einen entsprechenden Gesetzesantrag, der etwa für mehr Regresssicherheit bei Ärzten sorgen soll, hatte die FDP in dieser Legislaturperiode im Bundestag eingereicht, allerdings erfolglos.

Die Politiker der Runde waren sich weitgehend darüber einig, dass beispielsweise der deutsche Anbau von Cannabis weiter ausgebaut werden sollte. Laut Niema Movassat, drogenpolitischer Sprecher der Linken im Bundestag, müsse dies geschehen, um auch den Preis in Apotheken zu senken. Cannabis aus Deutschland kostet für Apotheken derzeit 4,30 Euro pro Gramm. Medizinisches Cannabis  aus dem Ausland ist aber deutlich teurer und liegt etwa zwischen 8 und 9 Euro je Gramm. Jährlich werden zurzeit 2,6 Tonnen in Deutschland angebaut. Der Bedarf liege aber bei rund 30 Tonnen. »Warum die Bundesregierung bis heute keine neue Ausschreibung gemacht hat, ist mir unbegreiflich«, so der Linken-Politiker. Damit lasse die Regierung vor allem Patienten im Regen stehen, die nicht an ein Medikament kommen. Schinnenburg fordert sogar eine Menge von 100 Tonnen Cannabis jährlich hierzulande anzubauen. Dies liege zwar über dem deutschen Bedarf. Aber: »Wir wollen Deutschland zu einem Cannabis-Exportland machen«, betont Schinnenburg. Und an die bislang größten Cannabis-Exportländer gerichtet, erklärte er: »Kanada und Israel, zieht euch warm an. Wenn die FDP in die Regierung kommt, dann gibt es Konkurrenz aus Deutschland.« Auch der CDU-Politiker und Vorsitzende des Gesundheitsausschusses im Bundestag, Erwin Rüddel, findet, dass der deutsche Anbau von medizinischem Cannabis ausgebaut werden muss. Konkrete Mengen wollte er am Donnerstag aber nicht nennen.

Zudem brauche es mehr Aufklärung und Weiterbildungsmöglichkeiten für Ärzte, sodass diese auch medizinisches Cannabis verschreiben können, finden Movassat und Rüddel. Weiter müsse die Forschung intensiviert werden, um herauszufinden, in welchen Bereichen Cannabis-Therapien zudem sinnvoll sind. In diesem Punkt waren sich Rüddel und auch der SPD-Politiker Burkhard Blienert einig. Derzeit werde Cannabis vor allem in der Schmerztherapie, bei Epilepsie und bei Multipler Sklerose eingesetzt. Bei diesem Punkt stimmte auch Werner Graf von den Berliner Grünen zu. Es müsse mehr Geld zur Forschung zur Verfügung gestellt werden.

Die Politik sollte außerdem bei der Entbürokratisierung der bisherigen Hürden beim Anbau tätige werden, finden die Politiker der FDP, Linken, Grünen und auch SPD. »Ich bin nicht dafür, dass man völlig ungeschützt Cannabis herstellen kann, aber man muss keinen Beton-Bunker dafür haben«, so etwa Schinnenburg. Auch dass der Staat de jure der Hersteller sei, müsse in seinen Augen liberalisiert werden. Graf schlug die Produktionsmöglichkeit unter freiem Himmel vor. Derzeit darf Cannabis in Deutschland nur unter strengen Bedingungen in gut geschützten Gewächsanlagen angebaut werden. Die PZ war in einer der Anlagen vor Ort und hatte sich umgeschaut.

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