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Temoporfin

Mit einem Photosensitizer gegen Coronaviren

In dem aus der photodynamischen Therapie bekannten Photosensibilisator Temoporfin stecken möglicherweise ungeahnte Fähigkeiten. Untersuchungen deuten darauf hin, dass er gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 wirksam sein könnte.
Sven Siebenand
13.10.2020  14:29 Uhr

Temoporfin wird bisher in der Onkologie eingesetzt zur palliativen Behandlung von Patienten mit vorangeschrittenem Plattenepithelkarzinom im Kopf- und Halsbereich. Das Unternehmen Biolitec, Hersteller des Temoporfin-haltigen Medikaments Foscan®, informiert darüber, dass sich Temoporfin in zwei Untersuchungen als möglicher Arzneistoffkandidat gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 herauskristallisiert hat.

Zu den essenziellen Funktionselementen von Coronaviren gehört neben dem mittlerweile gut bekannten Spike-Protein unter anderem das Hüllprotein, welches meist mit E wie Envelope abgekürzt wird. Das E-Protein von Coronaviren bestimmt mit über ihre Pathogenität, da es durch Interaktion mit dem Inflammasom des Menschen als Auslöser eines Zytokinsturms fungieren kann. Aus diesem Grund wurden bereits infolge der SARS-Epidemie Anfang des Jahrtausends Wirkstoffe gegen diese Zielstruktur getestet. Forscher in Neuseeland haben nun per Computermodelling nach Blockern des E-Proteins gesucht. Unter 6000 Substanzen machten sie 36 vielversprechende Kandidaten ausfindig, wie in ihrer Publikation auf einem Preprint-Server nachzulesen ist. Eine dieser Substanzen ist Temoporfin.

Ein Forscherteam in der Türkei berichtet ebenfalls auf einem Preprint-Server über einen anderen Ansatz: Es suchte per Computersimulation unter anderem nach Hemmstoffen der Hauptprotease von SARS-CoV-2. Neben anderen aussichtsreichen Substanzen erwies sich Temoporfin auch in dieser Arbeit als erfolgversprechender Kandidat.

Somit scheint Temoporfin potenziell zwei wichtige und voneinander unabhängige Prozesse des SARS-CoV-2-Virus zu hemmen. Das sollte laut Biolitec Forscher dazu veranlassen, die Wirkweise von Temoporfin auf SARS-CoV-2 genauer zu untersuchen. Bislang befindet sich die Entwicklung des Photosensitizers als SARS-CoV-2-Medikament aber noch in den Kinderschuhen.

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