Merkel bittet in Corona-Krise um Geduld |
Die Bundeskanzlerin befindet sich derzeit in häuslicher Quarantäne, da sie Kontakt zu einem infizierten Arzt hatte. Am Samstag wandte sie sich in einem Audio-Podcast an die Bevölkerung. / Foto: Bundesregierung (Screenshot)
Zu Hause bleiben, Kontakte vermeiden – und geduldig bleiben: Kanzlerin Angela Merkel hat die Bürger um weitere Mithilfe im Kampf gegen die Ausbreitung des Coronavirus gebeten. Angesichts immer noch zu schnell steigender Infektionszahlen stellt die Bundesregierung klar, dass Einschränkungen vorerst bestehen bleiben – bis mindestens 20. April, also eine Woche nach Ostern. Bisher zeigen sich die Menschen überwiegend einsichtig: Trotz Frühlingswetters von der Ostsee bis zu den Alpen musste die Polizei bei Kontrollen nur vereinzelt einschreiten. Polizeiberichten zufolge lag der Schwerpunkt der Kontrollen auf Grünanlagen.
Die Kanzlerin wandte sich am Samstag per Podcast aus der häuslichen Quarantäne an die Bürger: «Niemand kann heute mit gutem Gewissen sagen, er wisse, wie lange diese schwere Zeit anhält.» Noch gebe es keinen Grund, die Regeln zu lockern. «Ich muss Sie bitten, seien Sie geduldig.» Derzeit verdopple sich die Zahl der Neuinfektionen etwa alle fünfeinhalb Tage. Dieser Zeitraum müsse in Richtung von zehn Tagen gehen, um das Gesundheitssystem nicht zu überfordern. «Jeder, der die Regeln befolgt, kann jetzt ein Lebensretter sein.» Weil Merkel Kontakt zu einem infizierten Arzt hatte, bleibt sie derzeit zu Hause. Auch sie freue sich wieder auf «Kontakt und Nähe», sagte sie.
Kanzleramtschef Helge Braun betonte, dass es vor dem 20. April keine Lockerungen geben werde. «Bis dahin bleiben alle Maßnahmen bestehen», sagte der CDU-Politiker dem «Tagesspiegel». Die am 22. März von Merkel und den Ländern beschlossenen Kontaktbeschränkungen seien für mindestens zwei Wochen verhängt worden, sagte Braun. In der kommenden Woche würden Bund und Länder die Entwicklung der Neuinfektionen bewerten, sagte Braun der dpa. Bis heute gebe diese keinen Anlass, eine Aufhebung von Maßnahmen zu erwägen. Leitlinien vom 16. März etwa zur Schließung von Geschäften, Spielplätzen und Kirchen gelten ohnehin bis zum 20. April, nach Ende der Osterferien. Viele Länder haben auch Kontaktbeschränkungen schon bis 20. April verhängt.
Die Europäische Kommission arbeitet an einer Exit-Strategie aller EU-Staaten zur schrittweisen Aufhebung der Ausgangsbeschränkungen. Mit Experten prüfe sie, «wann wir nach und nach die Maßnahmen der «sozialen Distanz» wieder lockern könnten», sagte Kommissionschefin Ursula von der Leyen der Deutschen Presse-Agentur. «Wir vertrauen auf den Rat von Medizinern, aber auch von Wirtschaftsfachleuten, die sich mit Lieferketten auskennen.» Einen Zeitrahmen könne heute aber niemand präzise vorhersagen.
Von der Leyen fürchtet in der Corona-Krise um den Zusammenhalt der Europäischen Union. Nach der Einführung von Grenzkontrollen habe das Schengen-Abkommen für freien Reiseverkehr auf der Kippe gestanden, sagte sie der dpa. Nun sähen alle, dass sich die Staaten durch extreme Abschottung selbst am meisten schadeten. In dieser großen Krise liege «auch die Chance, dass sich Europa noch einmal neu erfindet», sagte von der Leyen.
Seit 2002 sind Coronaviren auch Nicht-Fachleuten bekannt. Vertreter dieser Virusfamilie lösten damals eine Pandemie aus: SARS. Ende 2019 ist in der ostchinesischen Millionenstadt Wuhan eine weitere Variante aufgetreten: SARS-CoV-2, der Auslöser der neuen Lungenerkrankung Covid-19. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.