Mehr Anlaufstellen für Long-Covid-Patienten nötig |
Wie kommt es zur Long-Covid-Symptomatik? Eine Hypothese ist, dass das SARS-Coronavirus-2 im Körper, etwa im Darm, überdauern kann. So konnten Proteine und das Erbgut des Erregers auch Monate nach einer überstandenen Infektion bei einigen Patienten noch im Darm nachgewiesen werden. Bei ihren Patienten in der Sprechstunde könne eine chronische Entzündungsreaktion anhand der gängigen Laborparameter nicht festgestellt werden, sagte Konik. »Immunologisch unterscheiden sich die Patienten allerdings.« So weisen intensivmedizinisch versorgte Covid-19-Patienten deutlich höhere Antikörpertiter auf als solche, die ambulant versorgt wurden.
Eine weitere Hypothese zur Long-Covid-Entstehung ist, dass immunologische Faktoren wie eine Autoimmunreaktion eine Rolle spielen könnten. SARS-CoV-2 bringt das Immunsystem insgesamt durcheinander, was auch an der hyperinflammatorischen Reaktion bei schweren Verläufen und an dem pädiatrischen inflammatorischen Multiorgan-Syndrom (PIMS), das bei Kindern Wochen nach einer Corona-Infektion auftreten kann, zu sehen ist. Die immunologischen Störungen könnten anhalten, auch wenn der Erreger bereits eliminiert wurde, so die Hypothese. Bewiesen sind beide Hypothesen noch nicht, eventuell gibt es auch verschiedene Erkrankungsbilder mit unterschiedlichen zugrunde liegenden Pathomechanismen.
Neben möglichen Pathomechanismen sollten auch psychosoziale Aspekte berücksichtigt werden, sagte Konik. Die Ausnahmesituation des Lockdowns belaste die Patienten ebenso wie Trauer um Bekannte oder Familienangehörige, finanzielle Sorgen, Ängste und mögliche Stigmatisierung aufgrund der Coronavirus-Infektion. Sie zitierte eine Umfrage, nach der die Häufigkeiten von generalisierter Angst, Depression und psychischem Stress im ersten Lockdown ab März 2020 deutlich angestiegen waren und erst danach wieder absanken, wobei sie bei Weitem nicht das Ausgangsniveau der Vorpandemiezeit erreichten. Auch ihre Patienten in der Sprechstunde berichteten von Ängsten, Schlaflosigkeit und Stress, sagte Konik. »Dies können Folgen von Covid-19 sein, aber auch Nachwirkungen des Lockdowns.«
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.