Lebenswichtiges Mundwasser |
Eine Speichelmenge von 0,1 bis 0,25 ml/min in Ruhe und weniger als circa 0,7 ml/min nach Stimulation bezeichnet man als Hyposalivation (Tabelle 1). Angst, Stress, Schnarchen, Genussmittel wie Tabak oder Alkohol, Missbrauch von Drogen wie Cannabis oder Amphet-aminen, hormonelle Veränderungen, trockene Heizungsluft sowie Flüssigkeitsmangel durch ungenügendes Trinken oder zu hohen Flüssigkeitsverlust (Sport, Durchfall, Erbrechen) vermindern die Speichelproduktion. Auch mit zunehmendem Alter wird weniger sezerniert
Befindet sich zu wenig Speichel im Mund, können seine physiologischen Aufgaben nicht richtig erfüllt werden. Längerfristig hat dies weitreichende Folgen wie schmerzhafte Rötungen und Entzündungen, Mundwinkelrhagaden, Mund- und Zungenbrennen oder Foetor ex ore (Mundgeruch). Das Tragen von Prothesen kann erschwert sein. Zahngesundheit und Gesamtmilieu der Mundhöhle sind eingeschränkt: Das Risiko für kariöse Zähne oder Infektionen mit Pilzen, Viren oder Bakterien durch Verringerung des oralen pH-Werts ist erhöht.
Speichelfluss | Menge in Ruhe (ml/min) | Menge nach Stimulation (ml/min) |
---|---|---|
Hypersalivation | > 1 | > 3,5 |
Normsalivation | 0,25 bis 1 | 1,0 bis 3,5 |
Hyposalivation | 0,1 bis 0,25 | 0,5 bis 1,0 |
Xerostomie | <0,1 | <0,5 |
Ist die Speichelproduktion dauerhaft um mehr als 50 Prozent reduziert, liegt eine Xerostomie vor. Die Hauptursachen einer Xerostomie sind Arzneimittelnebenwirkungen, Grunderkrankungen (Diabetes, Sjögren-, Heerfordt-Syndrom) oder eine Radiojod- oder Strahlentherapie. Mehr als 400 verschiedene Arzneistoffe haben die Nebenwirkung Xerostomie.
Bei der Einnahme von fünf oder mehr Arzneimitteln liegt das Risiko für eine Xerostomie bei 50 Prozent. Ursächlich sind vor allem die anticholinergen Haupt- und Nebenwirkungen der verschiedenen Medikamente, die in der anticholinergen Last (anticholinergic burden, ACB) münden und in diversen Skalen gelistet sind (siehe auch Titelbeitrag in PZ 23/2023).
Einen besonders hohen anticholinergen Score haben Antidepressiva, Anti-Parkinson-Mittel, Urologika, Chemotherapeutika, einige Antihypertensiva sowie Antihistaminika. Durch periphere Rezeptorblockade bewirken Anticholinergika eine sehr starke Mundtrockenheit. Tricyclische Antidepressiva hemmen die Speichelsekretion durch zentrale Inaktivierung der Acetylcholin-Rezeptoren.
Für Patienten mit Mundtrockenheit ist es besonders wichtig, dass Arzneimittel möglichst leicht zu schlucken sind. Es kann helfen, den Mund vorher mit Wasser zu befeuchten. / Foto: Adobe Stock/liveostockimages
Die ACB sollten Apotheker besonders bei einer Medikationsanalyse beachten. Die Dauermedikation der Patienten sollte – in Absprache mit dem Arzt – so umgestellt werden, dass der anticholinerge Score insgesamt maximal bei 3 liegt.
Außerdem ist darauf zu achten, dass Arzneimittel möglichst leicht zu schlucken sind. Es kann helfen, vor der Einnahme den Mund mit Wasser zu befeuchten.
Bei Verdacht auf eine Xerostomie sollte die Differenzialdiagnose beim Arzt erfolgen. Dabei sind Grunderkrankungen und Dauermedikation in den Blick zu nehmen. Xerostomie wird durch Symptome, Erscheinungsbild und den trotz Massieren der Speicheldrüsen ausbleibenden Speichelfluss diagnostiziert. Bei einer Sialometrie wird der mit Zitronensäure angeregte Speichel in einem Messbehälter aufgefangen.