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Nicht nur Frauensache

Kontrazeption für den Mann

Seit Einführung der »Pille« in den 1960er-Jahren ist Kontrazeption weitgehend Frauensache. Doch auch viele Männer wären bereit, die Verhütung zu übernehmen. Doch wie weit ist die Entwicklung von hormonellen und nicht hormonellen Kontrazeptiva für den Mann überhaupt gediehen?
Katharina Holl
02.08.2020  08:00 Uhr

Kombi für bessere Verträglichkeit

In der Folge versuchte man, die GnRH-Freisetzung durch andere Hormone zu hemmen. Ganz ähnlich wie bei Frauen wird dafür ein synthetisches Gestagen, meist in Form eines Implantats, eingesetzt. Es kommt dadurch zu einem peripheren Testosteronmangel. Um dessen Auswirkungen, zum Beispiel Abnahme der Muskelmasse und der Libido, zu mindern, wird zusätzlich regelmäßig Testosteron injiziert, sodass außerhalb des Hodens physiologische Spiegel resultieren.

Vielversprechende Wirksamkeitsdaten gibt es für die Kombinationen aus Levonorgestrel, Medroxyprogesteronacetat oder Cyproteronacetat mit Testosteron (13–16). Eine Phase-IIb-Studie mit Injektionen von Etonogestrel/Testosteronundecanoat alle zehn bis zwölf Wochen erbrachte 2007 zwar gute Ergebnisse mit einer ausreichenden Wirksamkeit bei 90 Prozent der Probanden (17). Nichtsdestotrotz beendete das Unternehmen Schering damals als letzter großer Pharmakonzern aus wirtschaftlichen Gründen die Forschung an entsprechenden Präparaten.

Viel diskutiert: die WHO-Studie

Einer breiteren Öffentlichkeit bekannt wurde eine von 2009 bis 2011 von der WHO gesponserte Phase-II-Studie, die unter anderem in Deutschland lief. Hier bekamen 320 Probanden alle acht Wochen Norethisteronenantat sowie Testosteronundecanoat als Injektion. Die Studie wurde trotz positiver Wirksamkeitsdaten verfrüht beendet, da rund 10 Prozent der Männer über leichte bis mittelschwere unerwünschte Wirkungen (Stimmungsschwankungen und depressive Verstimmung, aber auch Akne, verstärkte oder verminderte Libido) berichteten (18).

Es ist bekannt, dass entsprechende Nebenwirkungen bei dieser Art von Arzneimitteln auch in Placebo-Gruppen häufig auftreten (17). In Wirksamkeitsstudien zur Empfängnisverhütung verbietet sich die Verabreichung von Placebos jedoch aus ethischen Gründen, sodass ein solcher Effekt letztlich nicht belegt werden konnte. Daher wurde die Studie aus Sicherheitsgründen gestoppt.

Die Akzeptanz bei den Männern war trotz der Nebenwirkungen, die in den allermeisten Fällen mild bis moderat ausfielen, sehr hoch. Mehr als 80 Prozent konnten sich vorstellen, die Methode zu verwenden, falls sie kommerziell erhältlich wäre (18). Darüber hinaus weisen Kontrazeptiva bei Frauen ein vergleichbares Nebenwirkungsspektrum auf. Im Nachgang der WHO-Studie wurde daher vielfach diskutiert, ob hier bei Männern und Frauen unterschiedliche Maßstäbe angelegt werden und die hormonellen Kontrazeptiva für die Frau unter diesem Gesichtspunkt heute überhaupt noch eine Zulassung erhalten würden.

Verlassen ist der Weg der hormonellen Verhütung für Männer jedoch noch lange nicht. Mit Segesteronacetat (Nestoron®) wurde ein Gestagen entwickelt, das nicht nur die GnRH-Freisetzung, sondern auch lokal die Testosteronsynthese im Hoden inhibiert. Es wird in Form eines Gels appliziert. Es kann mit Testosteron in einer einzigen Darreichungsform kombiniert werden, um die Anwendung zu erleichtern. In einer Studie an 56 Freiwilligen wurde eine gute Wirksamkeit bei nur minimalen Nebenwirkungen attestiert (20). Ende 2018 startete eine Phase-IIb-Studie, an der 400 Paare teilnehmen. Ergebnisse werden für 2022 erwartet.

Alle bisher genannten Methoden können streng genommen nicht wirklich als »Pille für den Mann« bezeichnet werden, da sie nicht oral bioverfügbar sind. Das soll sich jedoch ändern. Um die negativen Effekte von Testosteron auf die Prostata zu vermeiden, wurden selektive Androgenrezeptor-Modulatoren (SARM) entwickelt. Der potenzielle Wirkstoff 7α-Methyl-19-nortestosteron (MENT) wurde in einer ersten klinischen Studie getestet, war jedoch zu kurz wirksam (19). In diesem Bereich müssten weitere Substanzen mit besseren pharmakokinetischen Eigenschaften entwickelt werden.

Ein oral verfügbares Androgen ist Dimethandrolon als Undecansäure-Ester (DMAU). An 100 Männern wurde bereits gezeigt, dass DMAU bei relativ guter Verträglichkeit die Serumspiegel von Testosteron, LH und FSH auf Werte senkt, die für eine Kontrazeption nötig sind (21). Der Einfluss auf die Spermatozyten-Konzentration wurde aber noch nicht untersucht. Ein ähnliches Profil zeigt 11β-Methyl-19-nortestosteron-17β-dodecylcarbonat (11β-MNTDC) (22). Größere Langzeitstudien müssen nun für beide Wirkstoffe folgen.

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