Klinikapotheken sollen 20 Euro für Abgabe von Antikörpern bekommen |
Der frühzeitige Einsatz von monoklonalen Antikörpern in der Covid-19-Therapie kann helfen, einen schweren Verlauf der Krankheit zu verhindern. / Foto: Getty Images/Johnny Greig
Im Januar hatte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) mit einem kostspieligen Kaufabschluss für Schlagzeilen gesorgt. Ganze 400 Millionen Euro hatte sein Ministerium gezahlt und 200.000 Dosen monoklonale Antikörper beschafft, die in der Behandlung von Covid-19-Patienten zum Einsatz kommen sollen. Doch weder Bamlanivimab (Elli Lilly) noch die Kombination aus Casirivimab und Imdevimab (Roche/Regeneron) sind bislang zugelassen in der EU. Auch die Datenlage zur Wirksamkeit der Präparate war zu Beginn des Jahres noch recht dünn. Inzwischen hat sich die Europäische Arzneimittelagentur EMA immerhin positiv zur Anwendung beider Präparate bei leichter bis mittelschwerer Covid-19-Infektion geäußert. Auch für einen dritten Antikörper (Regdanvimab von Celltrion) gab die Behörde vor wenigen Tagen eine erste positive Einschätzung ab.
Zum Einsatz kommen die vom Bund beschafften Arzneimittel bislang allerdings nur selten. Das könnte sich bald ändern. So hat das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) den Entwurf für eine Verordnung vorgelegt, mit der auch gesetzlich Versicherte unter bestimmten Voraussetzungen einen regelhaften Anspruch auf die Antikörper-Therapie bekommen. Da den Arzneimitteln bislang die Zulassung fehlt, ist das nur über einen solchen Sonderweg möglich. Um eine faire Verteilung zu garantieren, will das BMG die Leistungserbringer zudem einheitlich honorieren, egal ob der Patient gesetzlich, privat oder bei einem anderen Kostenträger versichert ist.
Für die Anwendung der monoklonalen Antikörper soll es eine Pauschale in Höhe von 450 Euro geben, wie aus dem Papier hervorgeht, das der PZ vorliegt. In Stein gemeißelt ist dieser Betrag allerdings nicht. Kostenträger, Kliniken und Ärzte sollen das Honorar in gemeinsamen Verhandlungen auf Wunsch ändern können. In der GKV kommt in Einzelfällen eine Vergütung von 900 Euro für den DiaPat-CoV-50-Urintest hinzu, der schwere Krankheitsverläufe frühzeitig prognostizieren und damit einen Anhaltspunkt für den Einsatz der Antikörper liefern kann. Bislang fehlt in der GKV eine Grundlage für den Einsatz dieses Tests.
Ob ein Covid-19-Patient einen monoklonalen Antikörper erhält, entscheidet der Arzt nach individueller Nutzen-Risiko-Einschätzung. Grundsätzlich können die Arzneimittel in der frühen Behandlung von Erwachsenen und Kindern ab 12 Jahre mit leichten bis mittelschweren Symptomen zum Einsatz kommen, bei denen die Gefahr eines schweren Krankheitsverlaufs droht. Das kann etwa bei Diabetikern, Krebspatienten oder schwer übergewichtigen Menschen der Fall sein.
Für die Verteilung der Antikörper hatte das BMG bereits im Januar pro Bundesland ein oder zwei Krankenhausapotheken als erste Anlaufstellen benannt. Sie verfügen über Vorräte und verteilen die Arzneimittel bei Bedarf an andere Klinikapotheken. Pro Lieferung soll es dafür 100 Euro geben, vorausgesetzt die Präparate gehen nicht an eine andere Apotheke des gleichen Krankenhausträgers. Für die Abgabe an den behandelnden Arzt erhält jede Klinikapotheke als sogenannte beauftragte Stelle 20 Euro pro Einheit.
Das BMG stellt die Arzneimittel kostenfrei zur Verfügung, das Geld für die Verteilung der Präparate soll aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds kommen. Dafür erstellt der Klinikträger eine monatliche Abrechnung, die alle Lieferungen an andere Apotheken umfasst. Das Rechenzentrum soll diese Belege sammeln und quartalsweise an das Bundesamt für soziale Sicherung weiterleiten. Die Behörde zahlt die Beträge schließlich über die Rechenzentren an die Klinikapotheken beziehungsweise die Träger aus.
Mit den bislang beschafften 200.000 Dosen können nach Angaben des BMG insgesamt 186.000 Patienten behandelt werden. Das würde über alle Kostenträger zu Ausgaben in Höhe von rund 84 Millionen Euro führen. Inkrafttreten soll die Verordnung rückwirkend zum 1. Januar.
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