Kinder scheiden weniger Aerosolpartikel aus als Erwachsene |
Beim Singen wird mehr Aerosol produziert als beim Sprechen. Bei Kindern liegt der Aerosolausstoß in beiden Fällen deutlich unter dem von Erwachsenen. / Foto: Getty Images/Jose Luis Pelaez Inc
In der Corona-Pandemie würden Gefährdungsbeurteilungen bisher auf den Werten von Erwachsenen beruhen, heißt es in einer gemeinsamen Untersuchung der Berliner Charité und der Technischen Universität Berlin, die nun auf dem Preprint-Server »MedRxiv« erschienen ist. Die Forschenden um Professor Dr. Dirk Mürbe verstehen ihre Studie als Anregung für eine Diskussion über das Risikomanagement bei Kindern in der Pandemie, zum Beispiel beim Präsenzunterricht in der Schule und beim Chorsingen. Denn die Masse von ausgeschiedenen kleinen Schwebeteilchen in die Luft (Aerosolpartikelemission) kann neben Tröpfcheninfektionen das Ansteckungsrisiko mit SARS-CoV-2 beeinflussen.
Für ihre Studie ließ das Team vier Mädchen und elf Jungen – alle zwischen acht und zehn Jahre alt – in einem Reinraum in Schutzanzügen atmen, sprechen, singen und rufen. Alle Kinder gehörten zu erfahrenen Berliner Kinderchören. Für das Experiment saßen sie vor der Öffnung eines Glasrohres mit einem eingebauten Laserpartikel-Zähler. Zur Vergleichsgruppe gehörten unter gleichen Bedingungen acht Frauen und sieben Männer im Alter von 23 bis 64 Jahren, ebenfalls alles erfahrene Chormitglieder.
Beim Vergleich der Werte zeigten sich bei den Grundschülern für Ruheatmung, Sprechen und Singen signifikant geringere Emissionsraten. Der Faktor zwischen Kindern und Erwachsenen betrug 2,8 bei Ruheatmung, 5,9 beim Sprechen sowie 13,4 beim Singen, heißt es in der Untersuchung. Beim Rufen zeigten sich dagegen keine bemerkenswerten Unterschiede zwischen beiden Gruppen. Als Erklärung dafür gehen die Wissenschaftler einmal von anatomischen Unterschieden aus. So hätten Kinder kürzere Stimmlippen und zeigten auch weniger Kontaktzeiten der Stimmlippen im Schwingungszyklus. Ein zweiter Grund könnten die geringeren Schallpegel der Kinderstimmen bei mittlerer Lautstärke sein. Für lautes Rufen gilt das dann schon nicht mehr.
Die Charité-Klinik für Audiologie und Phoniatrie untersucht bereits seit längerem Aerosolpartikel-Emissionen bei Atmung, Stimmgebung und beim Singen. Das Hermann-Rietschel-Institut an der TU Berlin forscht unter anderem über die Ausbreitung des Sars-CoV-2-Virus in der Raumluft.
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.