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Apotheken-Stärkungsgesetz

Justizministerium zeigt rote Karte

Das Bundesministerium der Justiz (BMJ) will die Rx-Preisbindungslösung im geplanten Apotheken-Stärkungsgesetz nicht mittragen. Es hält die darin vorgesehene Regelung für europa- und verfassungsrechtlich nicht tragbar. Das sagte heute SPD-Fraktionsvize Professor Karl Lauterbach bei einem Pressegespräch.
Ev Tebroke
16.05.2019  14:22 Uhr

Der Entwurf von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) zum Apotheken-Stärkungsgesetz ist anscheinend nicht europarechtskonform – und auch verfassungsrechtlich nicht tragbar. Das habe zumindest die Rechtsbewertung durch das Justizministerium ergeben, wie SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach heute erläuterte.

»Die Rechtsbewertung des Justizministeriums ist durch und es kommt wie befürchtet«, sagte Gesundheitsexperte Lauterbach in Berlin. »Die Regelung zur Rx-Preisbindung ist europa- und verfassungsrechtlich nicht haltbar.« Es sei schlicht egal, in welchem Gesetz die Regelung zur Preisbindung für Versender aus dem Ausland stehe, es sei einfach nicht machbar. Über die Eindeutigkeit der Einschätzung des BMJ zeigte Lauterbach sich überrascht. »Die Bewertung ist klarer ausgefallen, als erwartet«, betonte er.

Die EU-Kommission hatte bereits 2013 ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland gestartet, weil sie die Regelung, die auch EU-Versender hierzulande zur Einhaltung der Festpreise bei verschreibungspflichtigen Medikamenten verpflichtet, als Verstoß gegen die EU-Warenverkehrsfreiheit wertet. Der Europäischen Gerichtshof (EuGH) bestätigte diese Einschätzung mit seinem Urteil vom Oktober 2016 und sprach EU-Versender von der Preisbindung frei. Seitdem dürfen sie Rabatte auf verschreibungspflichtige Medikamente anbieten. Für deutsche Apotheken hingegen gelten weiterhin feste Abgabepreise.

Mit dem Apotheken-Stärkungsgesetz will Spahn diese Wettbewerbsschieflage auflösen. Gleichzeitig möchte er mit dem Gesetz aber auch der EU- Forderung nachkommen, die Preisbindung für EU-Versender aus dem Arzneimittelgesetz (AMG) zu streichen. Spahn beabsichtigt, einheitliche Preise und das Rx-Boni-Verbot über das fünfte Sozialgesetzbuch (SGB V) zu regeln, weil das Sozialrecht nicht unter Einflussnahme der EU steht. Die Sozialgesetzgebung ist in der Regel Sache der Nationalstaaten. Laut Entwurf sollen die EU-Versender künftig im erstattungsfähigen Markt der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zu einheitlichen Abgabepreisen verpflichtet werden.

Lauterbach hält dies für bedenklich. Neben dem europarechtlichen Aspekt sei diese Lösung auch verfassungsrechtlich nicht tragbar, da sie deutsche Versender nicht einbeziehe.

Es brauche nun einen neuen Vorschlag. Derzeit suche das Bundesgesundheitsministerium (BMG) fieberhaft nach einer Lösung. Die SPD befürworte es, Boni zu begrenzen und »zwar einheitlich für alle«, so der SPD-Politiker. Wie es nun weitergeht, ist offen. Spahn könnte letztlich auch ohne Zustimmung des BMJ den Entwurf in die Ressortabstimmung geben. »Das hängt davon ab, wie der Minister strategisch vorgehen möchte.«

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