Munition gegen das geplante Rx-Boni-Verbot |
Die Bundesregierung will mit dem Apotheken-Stärkungsgesetz Rx-Boni im GKV-Bereich für alle Marktteilnehmer verbieten. Doch das IGES-Gutachten könnte dieses Vorhaben gefährden, meint PZ-Chefredakteur Benjamin Rohrer in einem Kommentar. / Foto: Fotolia/Ernst
Am kommenden Freitag muss Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) eines seiner umstrittensten Vorhaben in erster Lesung im Bundestag verteidigen: das Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetz (VOASG) mit dem darin enthaltenen Rx-Boni-Verbot für den GKV-Bereich.
Der Widerstand gegen dieses Gesetz ist und war immer groß. Die Linksfraktion und Teile aus Spahns eigener Fraktion können sich nicht vom Rx-Versandverbot lossagen, die Grünen und die FDP würden die Preise gerne liberalisieren und die SPD trägt das Boni-Verbot zähneknirschend mit, verweist aber immer wieder auf europa- und verfassungsrechtliche Probleme. Von außen kommen die Kassenverbände hinzu, die den Apothekenmarkt grundsätzlich aufsprengen, mit Versendern Selektivverträge abschließen und erst recht kein Geld für pharmazeutische Dienstleistungen ausgeben wollen.
In dieser Gemengelage hätte dem Minister sicherlich ein Gutachten geholfen, das die schützende Wirkung seines neuen Rx-Boni-Verbots belegt. Mit der Analyse des IGES-Instituts bekommt Spahn aber das Gegenteil. Zwar benennen die Experten die derzeitige Situation richtigerweise als »Wettbewerbsverzerrung«. Gleichzeitig rechnen sie aber vor, dass nicht die Apotheken, sondern die großen Versender vom Spahn’schen Boni-Verbot profitieren würden. Durch die wegfallenden Rabatte bliebe den Versendern bei einem gleichbleibenden Rx-Marktanteil mehr Geld übrig. Hinzu kämen steigende OTC-Preise bei steigenden Kundenzahlen, so die Prognose. Insgesamt würde der relative Gewinn der Versender um 35 Prozent steigen, der der Apotheken um knapp 6 Prozent. Folgt man den IGES-Experten, ist das VOASG also eher ein »Versandhandel-Stärkungsgesetz«.
Gefährlich ist die Situation für die Apotheker aber auch, weil immer noch nicht klar ist, welches abschließende Urteil die EU-Kommission zum Rx-Boni-Verbot abgeben wird. Sollte die Kommission in diesen ohnehin schon wackeligen Prozess mit einer europarechtlichen Warnung hineingrätschen, hätte Spahn wohl nur noch wenige Argumente für die Verteidigung seines Plans. Sehr schnell stünde dann sicherlich die SPD mit ihrem ursprünglichen Plan auf der Matte: ein Rx-Boni-Deckel.
Aber die vom Bundesgesundheitsministerium (BMG) in Auftrag gegebene Analyse wirft auch viele Fragen auf. Denn an anderer Stelle schreiben die IGES-Analysten, dass das derzeitige Boni-Verbot für Präsenzapotheken die Zahl der Marktaustritte von Apotheken verhindere. Im Umkehrschluss heißt das: Feste Preise helfen der flächendeckenden Versorgung. Sollte das Gutachten zum Politikum werden, könnten die Apotheker auf diesen Widerspruch hinweisen: Denn es ist schwer nachzuvollziehen, dass ein Rx-Boni-Verbot für alle Marktteilnehmer die Versender begünstigen sollte, während die jetzige, nur hierzulande geltende Rx-Preisbindung, die Schließung von Apotheken verhindert.
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