Ist das Mikrobiom optimierbar? |
Auch die Leber bleibt vom Darmmikrobiom nicht unbeeinflusst: Die Kommunikation zwischen Darm und Leber erfolgt über Gallenwege, Pfortader und den systemischen Kreislauf (Darm-Leber-Achse). Eine Dysbiose kann zum Auftreten oder Fortschreiten chronischer Lebererkrankungen durch Verstoffwechselung von Gallensäure zu Oxo-Gallensäure-Zwischenprodukten beitragen. Diese erhöhen die Darmpermeabilität, sodass Bakterien die intestinale Wand überwinden und Endotoxine über die Pfortader zur Leber gelangen und diese schädigen können.
Des Weiteren konnten bei der alkoholassoziierten Lebererkrankung sowie bei der nicht alkoholischen Fettlebererkrankung vermehrt gramnegative Bakterien im Darm nachgewiesen werden. Ihre äußere Membran besteht hauptsächlich aus Lipopolysaccharid, das – wenn es aufgrund der gestörten Darmbarriere über die Pfortader zur Leber gelangt – dort das Immunsystem aktiviert. Die Folge sind Entzündungsprozesse und Gewebeveränderungen (Fibrose) in der Leber. Unklar ist, welche Bedeutung das veränderte Darmmikrobiom bei der Krankheitsentstehung hat.
Laut der S2k-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin (DGEM) können Pro- und Synbiotika bei nicht alkoholischer Fettleber versucht werden, wenn diese sich in Studien bewährt haben. Hierzu zählen unter anderem Lactobacillus bulgaricus und Streptococcus thermophilus. Bei Leberzirrhose werden Probiotika allerdings nicht empfohlen.
Ebenfalls Potenzial für therapeutische Ansätze birgt das orale Mikrobiom, das aufgrund seiner vielen Nischen wie den Zähnen oder dem Speichel sowie den damit verbundenen Gradienten wie Temperatur oder Sauerstoff zu einer der komplexesten Mikrobengemeinschaften des Menschen gehört. Es beeinflusst das Infektionsrisiko, den Blutdruck und kann über Metabolite sowie Stoffwechselwege zum Gluten-Abbau beziehungsweise zur Zöliakie-Vorbeugung beitragen. Im Labor sowie in der menschlichen Mundhöhle konnten Probiotika in Untersuchungen Kariesbakterien und Mundgeruch verursachende Anaerobier verdrängen. Allerdings ist die Wirkung nur oberflächlich und hält maximal wenige Tage an.
Des Weiteren kann ein Ungleichgewicht innerhalb des vaginalen Mikrobioms die Wahrscheinlichkeit erhöhen, sich mit sexuell übertragbaren Erkrankungen wie Herpes, Gonorrhö oder mit den potenziell krebserregenden humanen Papillomaviren (HPV) zu infizieren.
Eine Überbesiedlung der Haut mit Staphylococcus aureus wiederum ist typisch für atopische Dermatitis. Pflegeprodukte mit Zusätzen bestimmter Lactobacillus-Stämme verbessern Hautmikrobiom, Juckreiz und Ekzem.
Erforscht wird derzeit außerdem die Anwendung von topischen oder oralen Mikroorganismen zur Wundheilung.