»Ich freue mich, wenn wir einer Meinung sind« |
ABDA-Präsident Friedemann Schmidt (rechts) hat heute Jens Spahn in Düsseldorf empfangen. Nach seiner Rede diskutierte der Minsiter noch mit den Apothekern. / Foto: PZ/Alois Mueller
Deutlich hat Jens Spahn vor den Apothekern heute noch einmal sein Ziel formuliert: Mit dem Apotheken-Stärkungsgesetz will er »die flächendeckende Versorgung mit Apotheken auf dem Land und in der Stadt« sicherstellen. Das habe sich nicht geändert, seit die Debatte um die Reform vor genau einem Jahr beim DAT in München angefangen habe. Rund anderthalb Stunden nahm sich der Minister heute für seine Rede und die anschließenden Fragen der Delegierten Zeit.
Das geplante Gesetz zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken (VOASG) müsse nicht gleich die perfekte Lösung sein. Wichtig sei es, den ersten Schritt zu gehen. In seinen Augen umfasse das vor allem die Themen Digitalisierung und E-Rezept. Zum Glück stehe in der Branche nicht mehr das »ob« einer Digitalisierung zur Verbesserung der Versorgung zur Debatte, sondern das »wie«. Für Spahn ist demnach zentral, dass in Zukunft mit elektronischen Verordnungen nicht gemakelt wird und die freie Apothekenwahl auf jeden Fall erhalten bleibt. Dafür gab es Applaus von den Zuhörern. In diesem Zusammenhang lobte der Minister den Einsatz der ABDA in Sachen E-Rezept. Die Datensicherheit im digitalen Bereich will er zu 200 Prozent sicherstellen, versprach er. Außerdem betonte Spahn erneut, dass für ihn die Offizinen dem Versandhandel in Zukunft ganz klar etwas entgegen zu setzen haben, nämlich die unschlagbare Kombination aus Botendienst, E-Rezept und Präsenz vor Ort.
Vehement wehrte sich Spahn gegen die »falsche Argumentationslinie«, er mache mit seinem geplanten Gesetz »die Preise frei«. Diese Situation sei schließlich aufgrund eines Urteils des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) aus dem Jahr 2016 zustande gekommen. Seitdem dürfen Versender mit Sitz im EU-Ausland deutschen Kunden Rabatte auf verschreibungspflichtige Medikamente anbieten, während für die Apotheken hierzulande weiter die Preisbindung gilt. Er versuche lediglich, den Zustand vor diesem Urteil für zumindest 90 Prozent des Versichertenbereichs wiederherzustellen und hält das für eine verfassungs- und europarechtlich ausgewogene Lösung. »Wir wollen das möglich machen, was möglich ist - und was Bestand hat«, sagte er. Der Gesetzentwurf sieht vor, die Gleichpreisigkeit über das SGB V zu regeln, was nur den GKV-Bereich umfassen würde. Die Forderung der ABDA, den Passus in §78 Arzneimittelgesetz (AMG) nicht zu streichen, der es Versendern verbietet, Boni auf Rx-Arzneien zu gewähren, wies er zurück. »Eine Abschaffung des Paragrafen ändert faktisch nichts. Der gilt seit drei Jahren eh nicht mehr.«
Dem Rx-Versandverbot erteilte er eine deutliche Absage. Es sei europarechtlich nicht haltbar und politisch nicht umsetzbar. Ein entsprechender Vorstoß seines Amtsvorgängers Hermann Gröhe (CDU) »hat es nicht ins Kabinett geschafft, weil es am Widerstand der Koalition gescheitert ist«. Es mache einen Unterschied, ob etwas verboten ist oder ob man etwas verbieten möchte, das zuvor erlaubt war. »Dann müssen Sie es ganz anders begründen.«
Mit Blick auf die Entscheidung des Bundesrats, sich für ein Rx-VV auszusprechen, kommentierte Spahn: »Wenn Sie glauben, die Länder kriegen ein Gesetz besser hin, dann stelle ich die Arbeit in Berlin gerne ein. Aber dann möchte ich das wissen.« Die Ressourcen im Ministerium könne er auch anderweitig einsetzen. Grundsätzlich haben die Länder über den Bundesrat das Recht, eine Gesetzesinitiative vorzulegen. Von den Apothekern forderte Spahn ein Signal, ob sie hinter seiner Reform stünden oder lieber auf den Bundesrat setzen wollen. Neben dem VOASG könne es die Forderung nach einem Rx-Versandverbot allerdings nicht geben, sondern nur ein »Entweder-Oder«. Entscheidend für ihn sei, ob man weiterhin dasselbe Ziel verfolge. »Ich freue mich, wenn wir einer Meinung sind«, sagte er.
Anders als bei der Stellungnahme zum VOASG stellte er den Apothekern in Aussicht, die Anregungen des Bundesrats zu der aus dem Gesetz ausgelagerten Verordnung, die unter anderem den Botendienst der Offizinen neu regeln soll, übernehmen zu wollen. Die Anmerkungen der Länderkammer nannte er »sachdienlich«.
Zum Zeitplan der geplanten Apothekenreform kündigte er an, dass es im Oktober weitere Gespräche mit der EU-Kommission geben werde. Bis dahin tausche man noch Informationen aus. Sollte es darüber hinaus weiteren Klärungsbedarf geben, reise er auch noch einmal persönlich nach Brüssel.