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CAR-T-Zelltherapie

Hoffnung und Herausforderung

Genetisch modifizierte CAR-T-Zellen erzielen hohe Ansprechraten und teilweise dauerhafte Remissionen bei Patienten mit fortgeschrittenen hämato-onkologischen Erkrankungen. Die Therapie birgt jedoch erhebliche Risiken. Was steckt hinter der »lebenden« Zelltherapie?
Sina Oppermann
23.10.2022  08:00 Uhr

Behandlungsprozess über mehrere Wochen

Die Behandlung mit CAR-T-Zellen erfolgt in speziell dafür qualifizierten CAR-T-Zentren. In Deutschland gibt es etwa 40 Standorte, die ein weitgehend flächendeckendes Angebot für diese Therapien bieten.

Der gesamte Behandlungsprozess dauert mehrere Wochen. Während für die Leukapherese eine ambulante Sitzung ausreicht (maximal drei bis vier Stunden), dauert die Herstellung der CAR-T-Zellen vier bis fünf Wochen. Bis zur Rückinfusion können bis zu acht Wochen vergehen. Zur Überbrückung erhält der Patient stationär oder ambulant eine Chemotherapie. Auch eine Radiotherapie (RT) wird als sogenanntes Bridging-Konzept diskutiert (3).

Vor der Zelltherapie bekommt der Patient im Behandlungszentrum eine lymphodepletierende Chemotherapie (in der Regel mit Cyclophosphamid und Fludarabin) über drei bis zehn Tage. Diese soll die Aktivität der Tumorzellen hemmen und die Anzahl der körpereigenen Immunzellen reduzieren, um günstige Bedingungen für die Expansion der infundierten CAR-T-Zellen zu schaffen.

Die eigentliche Infusion der CAR-T-Zellen dauert etwa 30 Minuten. Für ein Therapieansprechen reicht meistens eine einzige Infusion aus. Eine anschließende Überwachung des Patienten für zehn bis 14 Tage im Behandlungszentrum ist gesetzlich vorgeschrieben, um bei möglichen Toxizitäten schnell intervenieren zu können.

Nach Entlassung werden die Patienten ambulant weiterbetreut. Hersteller und Behandlungszentren sind zu einer langfristigen Kontrolle und Unterstützung von bis zu 15 Jahren verpflichtet. Studien untersuchen die Möglichkeit für eine ambulante Therapie mit vollständig ambulanter Nachsorge.

Sechs zugelassene CAR-T-Zelltherapien

Aufgrund der teils erheblichen Nebenwirkungen und Toxizitäten sollen CAR-T-Zelltherapien laut europäischer Zulassung nur angewendet werden, wenn mindestens zwei andere Krebstherapien nicht angeschlagen haben. Es handelt sich also immer um stark vorbehandelte Patienten.

Insgesamt sind in der Europäischen Union sechs CAR-T-Zelltherapien verfügbar (Tabelle 1). Vier davon richten sich gegen das Oberflächenantigen CD19 auf B-Lymphozyten für den Einsatz bei verschiedenen B-Zell-Leukämien und -Lymphomen, die zwei jüngsten gegen das B-Zell-Reifungsantigen (BCMA) auf Plasmazellen des Multiplen Myeloms. Der Einsatz der CAR-T-Zelltherapie bei soliden Tumoren sowie bei HIV-Infektionen und Autoimmunerkrankungen wird derzeit in Studien geprüft.

Fertigarzneimittel, INN, Hersteller EU-Zulassung zur Behandlung von FDA-Zulassung Zulassungsstudie (Referenz) Response (in Prozent) Toxizität Grad 3 und 4 (in Prozent)
Zielantigen CD19 (Cluster of Differentiation 19, B-Lymphozyten-Oberflächenantigen)
Kymriah®,
Tisagenlecleucel,
Novartis
Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen im Alter bis zu 25 Jahren mit refraktärer oder rezidivierter akuter lymphatischer B-Zell-Leukämie (RR-B-ALL) 2017 ELIANA (4)
(NCT02435849)
ORR (81),
CR (60)
CRS (46), ICANS (13), Zytopenie (61)
Kymriah®,
Tisagenlecleucel,
Novartis
Erwachsenen mit rezidiviertem oder refraktärem diffus großzelligen B-Zell-Lymphom (RR-DLBCL) 2018 JULIET (5)
(NCT02445248)
ORR (52),
CR (40), PR (12)
CRS (22), ICANS (12), Zytopenie (32)
Kymriah®,
Tisagenlecleucel,
Novartis
Erwachsenen mit rezidiviertem oder refraktärem follikulären Lymphom (RR-FL) 2021 ELARA (6)
(NCT03568461)
ORR (86),
CR (69)
CRS (49), ICANS (28), Infektionen (5)
Yescarta®,
Axicabtagen-Ciloleucel,
Gilead
Erwachsenen mit rezidiviertem oder refraktärem diffus großzelligen B-Zell-Lymphom (RR-DLBCL) oder mit primär mediastinalem B-Zell-Lymphom (PMBCL) 2017 ZUMA-1 (8)
(NCT02348216)
ORR (82),
CR (54)
CRS (13), ICANS (31), Zytopenie (78)
Tecartus®,
Brexucabtagen-Autoleucel,
Gilead
Erwachsenen mit rezidiviertem oder refraktärem Mantelzell-Lymphom (RR-MCL) mit mindestens zwei vorangegangenen Therapien unter Einschluss eines Tyrosinkinase-(BTK-)Inhibitors 2020 ZUMA-2 (9)
(NCT02601313)
ORR (85),
CR (59)
CRS (15), ICANS (31), Zytopenie (94), Infektionen (32)
Breyanzi®,
Lisocabtagen maraleucel,
Bristol Myers Squibb
Erwachsenen mit rezidiviertem oder refraktärem diffus großzelligen B-Zell-Lymphom (RR-DLBCL), primär mediastinalem großzelligen B-Zell-Lymphom (PMBCL) und follikulärem Lymphom Grad 3B (FL3B) 2021 TRANSCEND (10)
(NCT02631044)
ORR (73),
CR (53)
CRS (2), ICANS (10), Zytopenie (60)
Zielantigen BCMA (B-Zell-Reifungs-Antigen)
Abecma®,
Idecabtagen vicleucel (Ide-Cel),
Bristol Myers Squibb
Erwachsenen mit rezidiviertem oder refraktärem Multiplen Myelom (RR-MM) mit mindestens drei vorherigen Behandlungen, darunter ein Immunmodulator (IM), ein Proteasom-Inhibitor (PI) und ein Anti-CD38-Antikörper (CD38-AK) 2021 KarMMa (11)
(NCT03361748)
ORR (73),
CR (33)
CRS (5), ICANS (3), Zytopenie (89)
Carvykti®,
Ciltacabtagen autoleucel, (Cilta-cel),
Janssen
bedingte Zulassung: Erwachsene mit rezidiviertem und refraktärem Multiplen Myelom (RR-MM) mit mindestens drei vorherigen Behandlungen, darunter ein IM, PI und CD38-AK 2022 (EU) CARTITUDE (12)
(NCT03548207)
ORR (97),
CR (67)
CRS (4), ICANS (9), Zytopenie (95)
Tabelle 1: Zugelassene CAR-T-Zelltherapien

Tisagenlecleucel (Kymriah®) der Firma Novartis wird eingesetzt bei Patienten mit refraktärer oder rezidivierter akuter lymphatischer B-Zell-Leukämie, diffus großzelligem B-Zell-Lymphom und follikulärem Lymphom. Das Medikament erhielt im Jahr 2018 als erste in Europa zugelassene CAR-T-Zelltherapie den PZ-Innovationspreis. Manche der 2010 weltweit ersten damit behandelten Patienten (akute und chronische lymphatische Leukämie) können bereits zehn oder zwölf Jahre »leukämiefreie« Zeit feiern. Ein in der Krebstherapie beispielloser Erfolg.

Axicabtagen-Ciloleucel (Yescarta®) der Firma Gilead ist die zweite 2018 in der EU zugelassene Anti-CD19-CAR-T-Zelltherapie für Patienten mit speziellen Formen des B-Zell-Lymphoms (Tabelle 1).

Brexucabtagen-Autoleucel (Tecartus®) ist zugelassen für erwachsene Patienten mit rezidiviertem oder refraktärem Mantelzell-Lymphom, das zu den hochmalignen Non-Hodgkin-Lymphomen (NHL) mit schnellem und aggressivem Verlauf gehört.

Die Zulassung von Lisocabtagen maraleucel (Breyanzi®) entspricht der für Axicabtagen-Ciloleucel und wurde 2021 auf die Behandlung von Patienten mit follikulärem Lymphom Grad 3B erweitert.

Seit diesem Jahr 2022 sind in Deutschland auch zwei CAR-T-Zelltherapien für stark vorbehandelte Patienten mit Multiplem Myelom (MM) verfügbar: Idecabtagen vicleucel und Ciltacabtagen autoleucel (Abecma® und Carvykti®) (Tabelle 1). Als seltene Form der NHL entsteht das Multiple Myelom durch eine Entartung von Plasmazellen, die sich unter Verlust von Blutzellen und Knochensubstanz in das Knochenmark ausbreiten. Jährlich werden in Deutschland etwa 6400 Neuerkrankungen verzeichnet, mit ungünstiger Prognose und einer Fünf-Jahres-Überlebensrate von weniger als 50 Prozent.

Die Kosten für eine CAR-T-Zelltherapie sind hoch und lagen für die ersten Therapien zwischen 320.000 und 360.000 Euro pro Behandlung und Patient. Vergütungsmodelle der Krankenkassen mit den Herstellern regeln eine Erstattung teils unter Anbindung an den Therapieerfolg. Sollte die Behandlung nicht anschlagen, bekommen die Kassen einen Teil der erstatteten Kosten vom Hersteller zurück.

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