Hoch wirksam, aber empfindlich |
Bisher gibt es weder von der FDA, der EMA oder dem International Council for Harmonisation (ICH) festgesetzte Richtlinien, die spezifisch für Peptide im Zulassungsverfahren gelten. So wird bisher bei jedem Peptidwirkstoff individuell festgesetzt, welche Analytik und Grenzwerte bezüglich des Nachweises von Verunreinigungen erforderlich und akzeptabel sind. Um diese regulatorische Lücke zu schließen, veröffentlichte die EMA ein Konzeptpapier, das die Erstellung von Richtlinien für die Entwicklung und Herstellung synthetischer Peptide einfordert (23).
Besonders die Festphasensynthese der Peptide unterscheidet sich deutlich von der Synthese niedermolekularer Verbindungen. So ist zum Beispiel eine chromatografische Aufreinigung notwendig, die besondere Anforderungen stellt. In der Synthese können Peptidsequenzen entstehen, denen eine oder einige Aminosäuren im Vergleich zum Hauptprodukt (Deletion) fehlen; diese Nebenprodukte können sehr ähnliche physikochemische Eigenschaften wie das Hauptprodukt haben. Daher empfiehlt das Konzeptpapier die Verwendung einer zweiten orthogonalen Reinigungsmethode, um die Verunreinigungen ausreichend vom aktiven Inhaltsstoff zu trennen.
Die meisten Peptidarzneistoffe, zum Beispiel antimikrobiell wirksame Peptide, werden parenteral appliziert. / Foto: Adobe Stock/Gorodenkoff
Natürlich muss auch die Identität nachgewiesen werden. Dafür sind folgende Methoden vorgesehen: HPLC-Analytik mit der Co-Injektion eines Standards, der nur in einem Peak resultieren darf, sowie Massenspektrometrie (MS), wobei hier Stereoisomere nicht identifiziert werden können. Auch die Aminosäuren-Analyse ist gefordert, die nach Derivatisierung der einzelnen Aminosäuren mittels chiraler Gaschromatografie erfolgt. Bei Peptiden unter zehn Aminosäuren kann die NMR-Analytik sinnvoll sein; bei längeren Peptiden empfiehlt sich das Peptid-Mapping (enzymatischer Verdau und Analyse der Peptidfragmente mittels MS).
Basierend auf dem Herstellungsprozess (Synthese oder rekombinante Expression) werden unterschiedliche Analysen auf Verunreinigungen gefordert. Da größere Peptide Sekundärstrukturen ausbilden können, die relevant für die Wirksamkeit sind, muss die Sekundärstruktur nachgewiesen werden. Dazu eignen sich Circulardichroismus, Fourier-Transform-Infrarotspektrometrie und Kernspinresonanz-Spektroskopie (NMR) (24, 25).
Ein wichtiger Sicherheitsfaktor bei Peptiden ist die Bildung von Aggregaten, die ab einer bestimmten Größe eine Immunantwort und Antikörperproduktion auslösen können. Aggregate können durch Temperatur, Licht, Schütteln, Oberflächenkontakt und pH-Anpassungen während Herstellung, Verarbeitung, Transport oder Lagerung entstehen. Die Zusammenlagerung kann durch Peptidmodifikationen initiiert werden, die durch Oxidation, Deamidierung und Änderungen in der Primärsequenz auftreten können, sowie durch Hilfsstoffe und Primärpackmittel. Zur Identifizierung der Aggregate eignen sich orthogonale analytische Methoden wie Größenausschluss-Chromatografie, Ultrazentrifugation und dynamische Lichtstreuung.
Aktuell werden die meisten Peptidarzneimittel parenteral in speziellen Applikationssystemen (Pens) oder Infusionslösungen (aus einem Konzentrat verdünnt) verabreicht. Dies stellt besondere Anforderungen an den Herstellungsprozess (Sterilität) sowie die Lagerung und Anwendung durch den Patienten. Dabei sind Peptide im Allgemeinen stabiler als Proteinarzneistoffe, müssen aber dennoch über längere Zeit kühl gelagert werden. Wichtig ist, dass die Patienten die Lagerungs- und Anwendungshinweise kennen (Beispiele in Tabelle 3).
Peptidwirkstoffe (Beispiele) | Darreichungsform | Hinweise zur Lagerung und Anwendung |
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Insulin-Analoga: Glargin, Detemir, Lispro, Glulisin, Aspartat | Fertigpen (Lösung zur subkutanen Anwendung) | lichtgeschützt lagernvor Anbruch im Kühlschrank lagern (2 bis 8 °C), nach Anbruch bei Raumtemperatur (<25 °C)nicht einfrierennicht mit aufgesetzter Nadel lagernnicht stark schütteln oder aufschlagenPen mit feuchtem Tuch reinigen, nicht durchnässen oder waschen |
GLP-1-Analoga: Exenatid, Liraglutid, Semaglutid, Dulaglutid | Fertigpen (Suspension zur subkutanen Anwendung) | lichtgeschützt und im Kühlschrank lagern, außerhalb maximal 14 Tage (<30 °C)nicht einfrierenmanche Pens müssen flach gelagert werdenindividuelle Haltbarkeit nach Anbruch (2 bis maximal 6 Wochen) |
Ciclosporin | Weichgelatinekapseln | kühl und trocken lagern (maximal 25 °C)beim Öffnen des Blisters ist ein charakteristischer Geruch wahrzunehmen, der jedoch unbedenklich ist |
Ciclosporin | Augentropfen (Emulsion) | nicht einfrierenkühl und trocken lagern (maximal 25 °C)vor Licht schützen |
Ciclosporin | Emulsion zur oralen Einnahme | bei 15 bis 30 °C lagern, nicht im Kühlschrankkein Problem, falls Flocken und kleine Ablagerungen entstehen: es handelt sich um Hilfsstoffe, nicht um den Wirkstoff |
Ciclosporin | Infusionslösung (Konzentrat) | nicht unverdünnt anwendenzur Herstellung der Infusionslösung Glasampullen verwendensobald Ampulle geöffnet ist, unverzüglich im Kühlschrank lagernnach Zubereitung innerhalb von maximal 24 h verwenden |