Hoch wirksam, aber empfindlich |
Erste zyklische Peptidtherapeutika, die mit diesen Methoden entwickelt wurden, sind in klinischer Entwicklung oder bereits zugelassen. Pegcetacoplan, ein Disulfid-zyklisiertes Peptid, wurde durch Phagen-Display identifiziert und nachfolgend auf Affinität und Stabilität optimiert. Es fungiert als Protein-Protein-Inhibitor und verhindert die Aktivierung des Komplementproteins C3, das im Blut zirkuliert. Zugelassen ist es seit Mai 2021 zur Therapie der paroxysmalen nächtlichen Hämoglobinurie (Aspaveli®). Durch Konjugation mit einem PEG-Makropolymer wird die Zirkulationshalbwertszeit durch verzögerte renale Filtration erhöht (21).
Auch Zilucoplan ist ein Inhibitor des Komplementsystems auf der Stufe des C5-Proteins und verhindert damit den Angriff des Körpers auf neuromuskuläre Verbindungen. Dieses zyklische Peptid wurde durch mRNA-Display entwickelt und befindet sich in Phase II und III der klinischen Entwicklung zur Therapie von Myasthenia gravis und amyotropher Lateralsklerose (ALS). Auch Zilucoplan ist konjugiert mit PEG-Einheiten und einer Fettsäure, um die Zirkulation zu verlängern (22). Es wird subkutan appliziert.
Derzeit befinden sich knapp 60Peptide, die sich in unterschiedliche Gruppen einteilen lassen, in der späten klinischen Phase (Tabelle 2). Die größte Gruppe besteht aus Peptiden, die mittels klassischer Target-Interaktion einen pharmakologischen Effekt erzeugen. Ein Großteil ist – wie GLP-1-Analoga – den Peptidhormon-Analoga zuzuordnen, doch es zeichnet sich bezüglich der Indikationen ein neuer Trend ab.
Seit 2018 sind Peptid-Radiotherapeutika (Theranostika) zugelassen. Weitere Kandidaten werden zur Diagnostik und Therapie von soliden Tumoren entwickelt. Mit einem ähnlichen Prinzip arbeiten auch Peptid-Drug-Konjugate, die einen zytotoxischen Wirkstoff durch die Affinität der Peptidkomponente zielgerichtet zum Tumor bringen können.
Die dritte Gruppe in klinischer Entwicklung besteht aus Peptidvakzinen, die zur Therapie von Krebserkrankungen entwickelt werden (Kasten).
Substanzname | Indikation | Klinische Phase |
---|---|---|
Peptidarzneistoff | ||
Zilucoplan (RA101495) | Myasthenia gravis, amyotrophe Lateralsklerose, paroxysmale nächtliche Hämoglobinurie | II/III |
QL0911 | Chemotherapie-induzierte Thrombozytopenie | III |
Apraglutid | Kurzdarmsyndrom | III |
Glepaglutid (ZP1848) | Kurzdarmsyndrom | III |
Solnatid | akutes Lungenversagen | II |
Apelin + Relaxin | Typ-2-Diabetes mit kardiovaskulärem Risiko | II |
Radiotherapeutikum | ||
177Lu-DOTA-Tyr3-Octreotat | neuroendokrine Tumoren im Pankreas | II |
68Ga-FAP-2286 | solide Tumoren | II |
therapeutische Vakzine | ||
GLSI-100 | bei HER2-positivem Brustkrebs | III |
IO102-IO103 | bei nicht kleinzelligem Bronchialkarzinom, Melanom | Phase II/III |
Foto: Adobe Stock/PRB ARTS
Krebszellen tragen durch Mutation oder erhöhte Expression sogenannte Peptidepitope auf ihrer Oberfläche, die sich von gesunden Zellen unterscheiden. Diese Epitope können identifiziert, synthetisch hergestellt und als Vakzine formuliert werden, sodass sie von dem Haupthistokompatibilitätskomplex II (MHC II) durch antigenpräsentierende Zellen (dendritische Zellen) präsentiert werden und somit CD4+-T-Zellen aktivieren. Dies führt zu einer Th1-Antwort mit INF-γ-Freisetzung, Aktivierung von Makrophagen und Unterstützung der zytotoxischen T-Zell-Funktion. Ein Teil der Peptidepitope kann auch über MHC I den CD8+-T-Zellen präsentiert werden, was zu einer direkten zellvermittelten Zytotoxizität gegenüber Peptidepitop-tragenden Zellen führt.
Vielversprechende Peptidvakzine werden vor allem in der Therapie von Brustkrebs, Gliomen und Melanomen getestet und befinden sich aktuell in Phase I und II (26–28).