Harmlos, aber sehr belastend |
Viele Menschen schämen sich für die auffälligen weißen Hautflecken oder werden deshalb ausgegrenzt; ihre Lebensqualität ist oft deutlich vermindert. / Foto: Adobe Stock/Anan
Weltweit leiden 0,5 bis 1 Prozent aller Menschen unter Vitiligo, wobei Männer und Frauen gleichermaßen betroffen sind (1). Prinzipiell kann die Vitiligo in jedem Alter auftreten; häufig manifestiert sie sich jedoch bei Kindern und jungen Erwachsenen zwischen zehn und 30 Jahren. Die neue S1-Leitlinie (April 2021) fasst die aktuellen Erkenntnisse zu Diagnostik, Klassifizierung und Therapie zusammen (1).
Charakteristisch sind die scharf begrenzten weißen Flecken (Maculae), die den Verlust von Melanozyten im betroffenen Hautareal anzeigen. Die Depigmentierung kann sich auch auf die innerhalb der Flecken wachsenden Haare sowie auf Schleimhautbereiche erstrecken. Am Rand der depigmentierten Haut lassen sich, insbesondere bei dunkleren Hauttypen, mehrere Farbstufen erkennen (depigmentierte Zone, intermediäre hypopigmentierte Zone und pigmentierte Haut).
Ohne Therapie breiten sich die Flecken meist weiter aus. Man spricht dann von einer generalisierten Erkrankung (Vitiligo vulgaris), die zu einer kompletten Depigmentierung führen kann (1). Es werden insbesondere zwei Subtypen unterschieden: die häufigere nicht-segmentale (NSV) und die segmentale Vitiligo (SV), die nur 5 bis 16 Prozent der Fälle ausmacht (Tabelle).
Unter Juckreiz oder anderen Symptomen leiden die Betroffenen in der Regel nicht. Allerdings sind die depigmentierten Hautareale empfindlicher gegenüber Sonnenstrahlen und sollten daher besonders geschützt werden. Eine Heilung der chronischen, nicht ansteckenden Erkrankung ist bislang nicht möglich. Die Therapieansätze zielen darauf ab, deren Fortschreiten zu stoppen und zumindest eine gewisse Repigmentierung der Haut zu erreichen.
Formen | Verteilung der Flecken | Bevorzugte Körperbereiche | Fortschreiten der Erkrankung |
---|---|---|---|
nicht segmentale Vitiligo (NSV) | symmetrisch auf beiden KörperseitenKoebner-Phänomen: An Hautbereichen, die starker mechanischer Belastung ausgesetzt sind, tritt Vitiligo bevorzugt auf | Gesicht, rund um den MundStreckseiten der Extremitäten und Körperfalten, zum Beispiel AchselhöhlenSchleimhaut und Haare | Zahl betroffener Hautareale nimmt zu, Areale werden größerhäufige Rezidive |
segmentale Vitiligo (SV) | nicht symmetrisch auftretende einzelne Flecken | Körper, Haare | Erkrankung beginnt früherFortschreiten zeitlich begrenzt, dann stabilseltener Rezidive |
gemischte Vitiligo | Merkmale von NSV und SV | Merkmale von NSV und SV | Merkmale von NSV und SV |
nicht klassifizierbare Formen | inkomplette Depigmentierung, die bei Dunkelhäutigen gemeinsam mit den »normalen« weißen Flecken vorkommt | inkomplette Depigmentierung, die bei Dunkelhäutigen gemeinsam mit den »normalen« weißen Flecken vorkommt | inkomplette Depigmentierung, die bei Dunkelhäutigen gemeinsam mit den »normalen« weißen Flecken vorkommt |
Vitiligo ist eine Autoimmunerkrankung, deren Ursache noch nicht vollständig verstanden ist. Es sind zwar verschiedene, an der Entstehung beteiligte Mechanismen bekannt; jedoch ist bislang nicht entschlüsselt, wie diese ineinandergreifen und welche wirklich relevant sind (1).
Zu den pathophysiologischen Schlüsselfaktoren zählt die genetische Disposition. Rund 20 Prozent der Betroffenen haben Erkrankte in der Verwandtschaft; die übrigen Fälle entstehen sporadisch. Eineiige Zwillinge zeigen eine nur 23-prozentige genetische Übereinstimmung in Bezug auf Vitiligo (Konkordanz), was für die Beteiligung weiterer Einflüsse spricht (2).
Im Rahmen des Human Genome Projects wurden zahlreiche Gene gefunden, die für Vitiligo empfänglicher machen. Diese Suszeptibilitätsgene sind unter anderem an der Differenzierung der Melanozyten beteiligt und haben Funktionen im adaptiven und angeborenen Immunsystem (1).
Das Topmodel Winnie Harlow, hier in Cannes 2018, geht offen mit ihrer Hauterkrankung um. / Foto: Imago Images/Photo12
Bei der Zerstörung der Melanozyten spielen bestimmte T-Zellen (CD8+-T-Zellen: zytotoxische T-Zellen und Memory-Zellen) eine zentrale Rolle (2). An der Rekrutierung dieser Zellen in die Haut sind vermutlich mehrere Signalwege beteiligt. Insbesondere Interferon-γ (IFN-γ), das über die Aktivierung des JAK-STAT-Signalwegs zahlreiche Gene steuert, gilt heute als ein essenzieller Treiber der Erkrankung. Wie Genexpressionsanalysen zeigten, sind IFN-γ und von IFN-γ-abhängige Gene in von Vitiligo betroffenen Hautarealen deutlich hochreguliert (3).
Von IFN-γ ausgesandte Signale veranlassen die Produktion bestimmter Chemokine (kleine Signalproteine, die eine Wanderungsbewegung von Zellen auslösen), die über weitere Zwischenschritte die Rekrutierung der Melanozyten-zerstörenden T-Zellen veranlassen. Dieser Mechanismus ist hochspannend, da mit den Januskinase-(JAK-)Hemmern Therapeutika zur Verfügung stehen, die diesen Signalweg unterbrechen können.
Warum werden gerade Melanozyten von den T-Zellen angegriffen? Hier gibt es Hinweise, dass intrinsische und/oder extrinsische Faktoren eine zelluläre Stressantwort der Melanozyten auslösen, die das angeborene Immunsystem zu einer initialen Entzündungsreaktion anregt und die letztlich zur Autoimmunität führt (4). Zu den stressauslösenden intrinsischen Faktoren zählen aggressive Sauerstoffradikale, die bei Vitiligo-Patienten sowohl in der betroffenen als auch der nicht betroffenen Haut vermehrt vorkommen (2).
Weitere Faktoren, die Vitiligo auslösen oder verschlechtern können, sind beispielsweise Verletzungen, UV-Licht, psychischer Stress, Nikotin oder Entzündungen. Zudem kann eine Therapie mit Hemmstoffen des Tumornekrose-Faktors (TNF), zum Beispiel Etanercept, Infliximab und Adalimumab, oder Alemtuzumab die Entwicklung einer Vitiligo induzieren (5, 6).
Die gut sichtbaren weißen Flecken im Gesicht, auf den Händen oder Armen sind mehr als ein kosmetisches Problem; sie beeinträchtigen das Selbstwertgefühl vieler Betroffener erheblich. Diese leiden häufiger unter Depressionen, Angstzuständen sowie zwanghaften und hypochondrischen Störungen (1). Stigmatisierung und Schamgefühle können zu sozialer Isolation führen.
In einer indischen Studie zeigten 85 bis 87 Prozent aller Vitiligo-Patienten verringerte Lebensqualitäts-Indices und 44 Prozent litten unter Depressionen (7). Insbesondere Frauen, junge Menschen, Patienten mit Flecken an exponierten Stellen sowie dunkelhäutige Personen leiden unter einer verminderten Lebensqualität (8). Aufgrund dieser psychosozialen Beeinträchtigungen erfüllt die Vitiligo teilweise sogar die Kriterien einer schweren Krankheit (1). Allerdings gibt es auch Gegenbeispiele: Das Topmodel Winnie Harlow hat NSV im Gesicht und am Körper, aber sie hat die Flecken zu ihrem Markenzeichen gemacht und dies scheint ihrer Karriere nicht zu schaden.
Die Diagnose der Vitiligo erfolgt in der Regel klinisch. Sinnvoll ist eine Fotodokumentation, um den Krankheits- und Therapieverlauf verfolgen zu können. Das Ausmaß der Depigmentierung lässt sich anhand verschiedener Scores abschätzen, etwa dem Vitiligo Area Scoring Index (VASI) oder dem Vitiligo Extent Score (VES).
Menschen mit nicht-segmentaler Vitiligo haben ein erhöhtes Risiko für weitere Autoimmunerkrankungen, vor allem für autoimmun bedingte Schilddrüsenerkrankungen wie Hashimoto-Thyreoiditis (9). Sie sollten daher einmal jährlich ihre Schilddrüsenwerte kontrollieren lassen (1).
Für die Assoziation von Vitiligo mit atopischer Dermatitis, allergischer Rhinitis, allergischem Asthma und Nahrungsmittelallergie spricht die Tatsache, dass fast 62 Prozent der Vitiligo-Patienten zusätzlich an mindestens einer der genannten Erkrankungen leiden (10). Ob auch eine Assoziation mit Autoimmunerkrankungen wie Diabetes mellitus, Lupus erythematodes oder rheumatoider Arthritis vorliegt, ist bislang ungeklärt (1).
Potente topische Corticosteroide (Klasse III) mit verbessertem therapeutischem Index, zum Beispiel Mometasonfuroat, sind die Therapie der Wahl für alle Vitiligo-Formen mit begrenztem Befall (unter 3 Prozent der Körperoberfläche) (1).
Neu aufgetretene Maculae sowie Flecken auf Gesicht und Hals sprechen am besten an; allerdings können gerade im Gesicht verschiedene Nebenwirkungen auftreten. Dazu zählen Hautatrophie sowie in Einzelfällen Teleangiektasien (sichtbar erweiterte Blutgefäße), Hypertrichose (übermäßiges Haarwachstum), Dehnungsstreifen, akneiforme Reaktionen oder periorale Dermatitis. Topische Corticosteroide eignen sich auch für Kinder; hier muss jedoch auf die systemische Resorption geachtet werden. Dies gilt ebenfalls bei großflächiger Applikation oder Anwendung in Hautfalten (intertriginöse Bereiche).
Die topische Corticoid-Behandlung ist meist die Therapie der Wahl bei begrenzten Hautflecken. Allerdings sprechen Areale an Armen und Beinen weniger gut an als an Kopf oder Hals. / Foto: Adobe Stock/Yakobchuk Olena
Mit topischen Corticosteroiden der Klasse III und IV (Clobetasonpropionat) erreichten in einer Metaanalyse rund 55 Prozent der Patienten eine 75-prozentige Repigmentierung (11). Die Leitlinie empfiehlt zum Beispiel Mometasonfuroat über drei Monate (einmal täglich) oder sechs Monate (einmal täglich für jeweils 15 Tage, gefolgt von einer 14-tägigen Pause) (1).
Die Calcineurin-Inhibitoren Tacrolimus und Pimecrolimus bieten eine Off-label-Alternative (zweimal täglich für sechs bis zwölf Monate), die vergleichbar gut wirkt wie topische Corticoide und keine Atrophie verursacht (1). Dies ist vor allem bei Anwendung im Gesicht oder bei Kindern wichtig. Bei erfolgreicher Repigmentierung (auch nach Phototherapie und gezielter Lichttherapie) reduziert eine proaktive Therapie zweimal pro Woche das Rezidivrisiko, schreiben die Leitlinienautoren.
Eine systemische Minipulstherapie mit Corticosteroiden (zum Beispiel Dexamethason 2,5 mg peroral täglich an zwei aufeinander folgenden Tagen pro Woche) kann eine akute, rasch fortschreitende Vitiligo stabilisieren. Die Therapiedauer liegt bei drei bis sechs Monaten, wobei systemische Corticoid-Nebenwirkungen zu erwarten sind. Als alleinige Therapie zur Repigmentierung wird diese Form daher nicht empfohlen.
Systemisch angewandte Immunsuppressiva (Cyclophosphamid, Ciclosporin, TNFα-Inhibitoren) zeigten nur bei einzelnen Patienten Wirksamkeit. Cave: Eine Therapie mit TNFα-Inhibitoren (Infliximab, Adalimumab, Etanercept) verdoppelt das Risiko, an Vitiligo zu erkranken (12). Nicht erhöht scheint dagegen das Risiko für Lymphome, hellen oder schwarzen Hautkrebs aufgrund der Anwendung eines topischen Calcineurin-Inhibitors und/oder einer Phototherapie (13).
Für die Ganzkörpertherapie der generalisierten Vitiligo wird heute meist die Schmalband-UVB-Bestrahlung (narrowband, NB-UVB) eingesetzt. Zur Nachhaltigkeit gibt es wenige Daten; die Rezidivraten liegen bei 43 bis 55 Prozent nach einem bis zwei Jahren. Am besten sprechen auch hier Areale im Gesicht und am Hals, weniger gut an Stamm, Armen oder Beinen an. Die Repigmentierung von Vitiligo an Händen und Füßen erwies sich bisher als weitgehend therapieresistent.
Geduld ist in jedem Fall erforderlich: Nach zwölfmonatiger NB-UVB-Therapie zeigte sich bei 35,7 Prozent der Behandelten eine ausgeprägte Repigmentierung (14). Durch die Kombination von NB-UVB mit topischen Corticoiden oder Calcineurin-Inhibitoren lässt sich der Effekt im Gesicht und Halsbereich verstärken.
Die Kombination von NB-UVB mit systemischer Therapie konnte in einigen Studien eine deutlichere Verbesserung erzielen. So ließ sich die Krankheitsaktivität bei 38 Patienten mit aktiver NSV mit einer Dreifachtherapie aus einer Dexamethason-Minipulstherapie (4 mg an zwei aufeinander folgenden Tagen/Woche), 0,05-prozentiger Clobetasolpropionat-Creme (an fünf Tagen pro Woche) und NB-UVB (dreimal wöchentlich) effektiver aufhalten als mit einer dualen Therapie aus Clobetasolpropionat-Creme und NB-UVB (1). Bei 92 versus 53 Prozent zeigte sich nach etwa drei Monaten keine Krankheitsaktivität mehr. Hinsichtlich der Repigmentierung wurde allerdings kein Unterschied beobachtet.
Auch die Kombination von Methylprednisolon (0,5 mg pro kg Körpergewicht an zwei Tagen pro Woche) und NB-UVB stoppte die Krankheitsaktivität bei Patienten mit aktiver ausgedehnter Vitiligo innerhalb von drei Monaten. Zusätzlich trat in dieser Studie bei rund 40 Prozent der Patienten eine gute oder sehr gute Repigmentierung auf (1).
In verschiedenen kleineren Untersuchungen konnte man die Repigmentierung steigern, indem man unterschiedliche Antioxidanzien (Polypodium leucotomos, α-Tocopherol sowie eine Mischung aus Liponsäure, Vitamin E, Vitamin C, ungesättigten Fettsäuren und Cystein) mit NB-UVB oder PUVA kombinierte (1).
Für die Repigmentierung einzelner Herde bei SV und nicht generalisierter NSV eignet sich die gezielte Lichttherapie mit Excimer-Laser (308 nm) oder Excimer-Lampe (308 nm) (1).
Ein chirurgischer Eingriff kommt nur bei stabiler Vitiligo infrage, die auf eine konservative Behandlung nicht anspricht. »Stabil« bedeutet, dass sich die Flecken seit mindestens sechs Monaten nicht weiter ausgebreitet haben – dies ist häufig bei der segmentierten Vitiligo der Fall.
Bei einem begrenzten Vitiligo-Areal ist eine Gewebetransplantation (Vollhaut- oder Spalthauttransplantation) oder eine Transplantation autologer nicht-läsionaler Melanozyten, die zuvor auch kultiviert werden können, möglich (1). Transplantationen nicht kultivierter Zellen weisen eine Erfolgsrate von 66 bis 85 Prozent auf (> 70 Prozent Repigmentierung), Transplantationen kultivierter Zellen von 22 bis 72 Prozent. Bei Spalthauttransplantationen wird eine sehr dünne Hautschicht transplantiert; hier liegt die Erfolgsrate bei 78 bis 91 Prozent (15).
In seltenen Fällen ist die Vitiligo so weit fortgeschritten, dass die Entfernung der Restpigmentierung, zum Beispiel im Gesicht, als ultima ratio erwägenswert ist. In einer Studie erwies sich Trichloressigsäure (TCA, 100 Prozent) als gut verträglich zur Depigmentierung (16). Von 50 Teilnehmern mit universeller Vitiligo und Restpigmentierung im Gesicht sprachen 80 Prozent sehr gut auf die TCA-Behandlung an (> 90 Prozent Depigmentierung). Da die Melanozyten irreversibel zerstört werden, ist eine solche Maßnahme jedoch sehr restriktiv und nur nach sorgfältiger Diskussion mit dem Patienten einzusetzen.
Die medizinische Camouflage stellt eine wichtige Säule in der supportiven Therapie dar (1). Unter den dermatokosmetischen Produkten zur Abdeckung von Vitiligo-Herden erwähnt die Leitlinie Microskin™, ein Camouflage-Produkt, das resistent gegenüber Wasser und Abrieb ist und für mehrere Tage auf der Haut verbleiben kann.
Derzeit hofft man auf die Wirksamkeit topischer (Beispiel Ruxolitinib) oder systemischer JAK-Inhibitoren, zum Beispiel Tofacitinib oder Ritlecitinib. In kleineren Studien zeigten diese Medikamente – teilweise kombiniert mit NB-UVB – eine gute Repigmentierung (1).
Am besten untersucht ist die klinische Anwendung von Ruxolitinib. Aktuellen Meldungen zufolge sind die Ergebnisse zweier noch nicht publizierter Phase-III-Studien (TruE-V1 und TruE-V2) mit Ruxolitinib als Creme vielversprechend (17). Beide Studien erfassten etwa 300 Teilnehmer ab zwölf Jahren mit NSV, die randomisiert zweimal täglich entweder Ruxolitinib-Creme (1,5 Prozent) oder Placebo erhielten. Nach 24-wöchiger Therapie hatten signifikant mehr Patienten in den beiden Verumgruppen eine Verbesserung von über 75 Prozent gegenüber dem Ausgangswert erreicht als in der Kontrollgruppe.
Die Studien bestätigen eine vorangegangene Phase-II-Studie hinsichtlich der Wirksamkeit und Sicherheit der Ruxolitinib-Creme (18). Die häufigsten Nebenwirkungen waren Juckreiz und Akne an den behandelten Hautarealen. Hersteller Incyte plant, basierend auf diesen Ergebnissen Zulassungsanträge für die Ruxolitinib-Creme zur Behandlung von jugendlichen und erwachsenen Patienten mit Vitiligo bei der Europäischen Arzneimittelbehörde (EMA) zu stellen (17). Zur peroralen Anwendung ist der JAK-Inhibitor Ruxolitinib (Jakavi®) übrigens seit 2012 auf dem Markt, unter anderem zur Behandlung der Splenomegalie, der seltenen Leukämieform Myelofibrose und der Polycythaemia vera.
In kleineren Untersuchungen erzielte Afamelanotid, ein synthetisches Analogon des α-Melanozyten-stimulierenden Hormons, zusammen mit NB-UVB bei Patienten mit dunkleren Hautphototypen eine gute Repigmentierungsrate (1). Afamelanotid ist seit 2016 zur Therapie der erythropoetischen Protoporphyrie auf dem Markt (Scenesse®).
Professor Dr. Markus Böhm / Foto: privat
Die Hautbereiche mit Vitiligo sind empfindlicher gegenüber Lichtschäden, da die Pigmentzellen nicht mehr aktiv oder bereits abgestorben sind und somit der UV-Schutz durch Melanin fehlt. Welche Tipps das Apothekenpersonal den Patienten zu Sonnenschutz und dem Umgang mit der Erkrankung geben kann, erläutert der Leitlinienkoordinator Professor Dr. Markus Böhm vom Universitätsklinikum Münster im Gespräch mit der PZ.
PZ: Was sollte das Apothekenpersonal Kunden mit weißen Hautflecken raten?
Böhm: Um eine Reaktivierung der Pigmentzellen zu erreichen, ist es sehr wichtig, die Behandlung der Vitiligo möglichst frühzeitig zu beginnen – bevor alle Pigmentzellen abgestorben sind. Daher sollte man den Betroffenen raten, die Flecken umgehend abklären und behandeln zu lassen, nicht nur um das Fortschreiten der Erkrankung zu verhindern, sondern auch, um mögliche Begleiterkrankungen zu erkennen.
PZ: Worauf ist bei der Wahl von Sonnenschutz-Produkten und Kosmetika zu achten?
Böhm: Generell sollten die Produkte möglichst keine Substanzen enthalten, die prooxidativ wirken, da diese den ohnehin erhöhten oxidativen Stress in der Haut von Vitiligo-Patienten zusätzlich verstärken können. So ist beispielsweise von Selbstbräunern bekannt, dass sie auch prooxidative Wirkungen mit Sonnenlicht haben können. Ein Sonnenschutz für die betroffenen Hautareale ist ratsam. Mit dem vollständigen Lichtschutz sollte man es aber nicht übertreiben, denn häufig stellen wir bei Patienten mit Vitiligo einen niedrigen Vitamin-D-Spiegel fest.
PZ: Sind Tätowierungen geeignet, einzelne Herde abzudecken?
Böhm: Tätowierungen stellen tatsächlich eine Möglichkeit dar, die Flecken zu verbergen. Das kommt beispielsweise für Patienten infrage, bei denen die Reservoirs an Pigmentzellen vollständig aufgebraucht sind und die daher auf keine Therapie mehr ansprechen. Allerdings können die verwendeten Farbstoffe in manchen Fällen auch Entzündungen der Haut und Infektionen hervorrufen.
Zudem lassen sich an tätowierten Stellen womöglich zukünftige Therapien nicht mehr anwenden. Derzeit besteht beispielsweise auch die Idee, dass man Melanozyten eines Tages mittels Stammzelltransplantation ersetzen könnte.
Marion Hofmann-Aßmus absolvierte eine Ausbildung als veterinärmedizinisch-technische Assistentin (VMTA) und studierte anschließend Biologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Promoviert wurde sie 1999 mit einer Arbeit zu molekularer Kardiologie an der Chemischen Fakultät der LMU München. Seither ist sie freiberuflich in verschiedenen Redaktionen und als Fachjournalistin tätig.