Halsschmerzen immer hinterfragen |
In der Apotheke können weitere lindernde Allgemeinmaßnahmen empfohlen werden: körperliche Schonung und viel trinken (cave Herz- oder Nierenproblematik), Wärmezufuhr (Wärmeschals, die dichter anliegen als ein normaler Schal), Vermeidung von Reizstoffen wie Alkohol und Nikotin, Luftbefeuchter in geschlossenen Räumen sowie häufiges Lüften und Lutschen von Bonbons.
Das Apothekenpersonal kann dem Patienten bei ausgeprägtem Therapiewunsch auch nicht evidenzbasierte Empfehlungen geben, die lindern, ohne zu schaden, zum Beispiel Lösungen zum Gurgeln oder Lutschtabletten mit naturheilkundlichen, pflanzlichen oder homöopathischen Inhaltsstoffen. Eine besondere Rolle spielen Polysaccharide von Zucker oder Honig in Lutschtabletten. Damit werden Schleimhautzellen umhüllt, vor Austrocknung geschützt und ihre Abwehrkraft gestärkt. Bei Heiserkeit und Halsschmerzen sind Hyaluronsäure-haltige Lutschtabletten hilfreich. Diese bilden beim Lutschen zusammen mit dem Speichel einen Hydrogel-Komplex, der sich schützend über die Schleimhaut legt, regeneriert und Feuchtigkeit speichert. Dexpanthenol unterstützt die Wundheilung, Ectoin (aus Mikroorganismen) schützt physikalisch die Schleimhaut vor weiterem Virenbefall. Zink in Lutschtabletten stärkt die Abwehrkraft der Zellen und reduziert die Virusvermehrung. Als Lösung können Zinkbrausetabletten auch zum Gurgeln eingesetzt werden.
Lutschtabletten mit schleimstoffhaltigen Pflanzenextrakten wie Eibisch, Spitzwegerich, Primelwurzel oder Isländisch Moos regen den Speichelfluss an und wirken befeuchtend, schützend und reizmildernd auf geschädigte Epithelzellen. Für Pelargonium-haltige Arzneimittel gibt es für die Indikation Halsschmerzen nur eine schwache Wirksamkeit. Der Ausschuss für pflanzliche Arzneimittel (HMPC) der EMA hat Salbeiblätter und Kamillenblüten als traditionelle Arzneimittel eingestuft zur symptomatischen Anwendung bei Entzündungen im Mund- und Rachenbereich. Hilfreich sind Salbeilutschtabletten, Salbeitee und alkoholisches Salbeikonzentrat zum Gurgeln sowie ein alkoholisches Kamillenblütenspray zur Anwendung in der Mundhöhle.
Die S3-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) rät ausdrücklich von Rachentherapeutika (Spray, Gurgellösung oder Lutschtabletten) mit Lokalantiseptika und/oder Antibiotika ab. Antiseptika stören die Mundflora und dringen nicht zur Entzündung in die Tiefe vor. Antibiotika sind unterdosiert. Zur kurzzeitigen Therapie von Halsschmerzen eignen sich auch systemische NSAR wie Ibuprofen oder vor allem Naproxen mit einem günstigeren Risikoprofil. Durch die orale Applikation dauert es länger bis zum vollen Wirkeintritt. Das Apothekenteam kann dem Patienten erklären, dass Lokalantibiotika bei einer viralen Infektion nicht sinnvoll sind.
Eine systemische antibiotische Therapie kann die Symptomdauer laut Leitlinie abkürzen (um circa 16 Stunden). Allerdings besteht die Gefahr der Resistenzbildung und von Nebenwirkungen wie Diarrhö, Anaphylaxie oder Mykosen. Die Leitlinie rät zur sogenannten »Delayed Prescription«. Das bedeutet, dass der Patient ein Rezept über ein Antibiotikum bekommt, dieses aber erst einlöst bei akuter Verschlechterung oder wenn nach drei bis fünf Tagen keine Besserung eintritt. Orale Corticosteroide sollen laut Leitlinie nicht zur analgetischen Therapie bei Halsschmerzen eingesetzt werden.
Ursachen | Begleitsymptome | Behandlung |
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Nicht infektiologisch | ||
Alkohol, Nikotin, Heizungsluft, Tragen von Masken | trockener Mund | Luftbefeuchter, Lokalanästhetika, NSAR, Arzneimittel mit naturheilkundlichen oder pflanzlichen Inhaltsstoffen |
Allergie, Autoabgase, Umweltfaktoren | Juckreiz, Hustenreiz | auslösende Noxen feststellen, Allergietest, Befeuchtung, lokale Allgemeinmaßnahmen |
Schnarchen | trockener Mund | Ursachen von Schnarchen abklären, Befeuchtung, lokale Allgemeinmaßnahmen |
Singen, lautes und langes Sprechen | Heiserkeit | Stimmschonung, Luftbefeuchter, Lokalanästhetika, NSAR, Befeuchtung, lokale Allgemeinmaßnahmen |
Postnasal Drip, gastroösophagealer Reflux, Ösophagitis | Schleimbildung, Heiserkeit, Räuspern, kloßige Sprache | Behandlung der Grunderkrankung nach ärztlicher Abklärung,Lokalanästhetika, NSAR |
Schilddrüsenerkrankung, Vaskulitis (Kawasaki-Krankheit), Neoplasien, Malignome | Druckgefühl im Rachen, kloßige Sprache | Behandlung der Grunderkrankung nach ärztlicher Abklärung |
Schleimhautläsionen im Mund-Rachenbereich (Stomatitis, Mucositis, Aphthen) | Schluckstörungen, Schmerzen im Mund | Lokalanästhetika, NSAR, pflanzliche und naturheilkundliche Arzneimittel, lokale Allgemeinmaßnahmen |
Arzneimittelbedingt | ||
Probleme bei der Arzneimitteleinnahme (inhalative Glucocorticoide, Bisphosphonate) | Mundsoor, entzündliche Speiseröhre, Heiserkeit | Aufklärung in der Apotheke, lokale Allgemeinmaßnahmen |
Arzneimittelnebenwirkungen (ACE-Hemmer, Chemotherapeutika), Agranulozytose, Xerostomie | Husten, Erkrankungen der Mundschleimhaut, Fieber | möglicher Wechsel des Arzneimittels, Aufklärung in der Apotheke, lokale Allgemeinmaßnahmen |
Infektiologisch: Bakterien und Viren | ||
Bakterien/Viren | virale Infekte: symptomatische Behandlung, Lokalanästhetika, NSAR, lokale Allgemeinmaßnahmen, pflanzliche und naturheilkundliche Arzneimittelbakterielle Infekte:Antibiotika (Penicillin, Makrolidantibiotika oder Cephalosporine), Lokalanästhetika, NSARlokale Allgemeinmaßnahmen, pflanzliche und naturheilkundliche Arzneimittel | |
Tonsillitis, Pharyngotonsillitis, Laryngitis, Pharyngolaryngitis, Sinusitis, Pneumonie, Bronchitis, Otitis media | Schleimbildung, Husten, Schnupfen, Heiserkeit, Fieber, Schmerzen | |
Peritonsillarabszess | einseitige Schluckbeschwerden, Ohrenschmerzen, Fieber | |
Scharlach | Fieber, Exanthem | |
Epiglottitis | hohes Fieber, Stridor, kloßige Sprache | |
Viren | ||
Erkältung | Erkältungssymptome | |
Covid-19 | Fieber, Geschmacks- und Geruchsstörungen | |
Herpangina | Fieber, Ausschlag im Mund | |
Hand-Fuß-Mund-Krankheit, Mundfäule (Stomatitis aphthosa) | Fieber, Ausschlag | |
Pfeiffersches Drüsenfieber (Mononukleose) | Fieber, Lymphknotenschwellungen | |
Infektiologisch: Pilzinfektion (Candida albicans) | ||
Mundsoor | Soor-typischer weißlicher Belag im Mund | Antimykotika lokal oder systemisch |