Guter Impfschutz bei Kindern auch vor Omikron |
Theo Dingermann |
22.07.2022 16:30 Uhr |
Auch gegen die Omikron-Variante zeigt der Covid-19-Impfstoff von Biontech/Pfizer eine gute Schutzwirkung bei Kindern zwischen fünf und elf Jahren. Das zeigt eine aktuelle Untersuchung aus Singapur. / Foto: Getty Images/portishead1
Comirnaty® in einer Dosis von 10 µg/Impfung ist für den Einsatz bei Kindern im Alter von fünf bis elf Jahren zugelassen. Eine vollständige Immunisierung umfasst zwei Impfdosen im Abstand von 21 Tagen. Der mRNA-Impfstoff ist sehr gut wirksam und wird auch gut vertragen. Allerdings lagen bisher nur Wirksamkeitsdaten für die Delta-Variante vor. In der klinischen Zulassungsstudie, als Delta dominierte, hatte der Impfstoff in dieser Altersgruppe das Risiko für Covid-19 um 90,7 Prozent reduziert.
Nun hat eine Gruppe aus Singapur im Fachjournal »New England Journal of Medicine« Daten publiziert, die die Wirksamkeit des Impfstoffs gegen Omikron beschreiben. In dieser nationalen Kohortenstudie wurde die Häufigkeit von SARS-CoV-2-Infektionen und Krankenhausaufenthalten bei 255.936 Kindern im Alter von fünf bis elf Jahren nach einer beziehungsweise zwei Impfdosen ermittelt.
Dr. Sharon H. X. Tan und Kollegen von der Saw Swee Hock School of Public Health in Singapur können zeigen, dass nach Anpassung der Daten für Kovariaten die Wirksamkeit des Impfstoffs bei Kindern, die nur eine Impfdosis erhalten hatten, im Vergleich zu ungeimpften Kindern 13,6 Prozent beträgt, wenn man alle gemeldeten SARS-CoV-2-Infektionen, unabhängig vom Nachweisverfahren, in die Analyse einbezieht.
Betrachtet man hingegen nur die durch einen PCR-Test bestätigten Infektionen, errechnet sich eine Wirksamkeit des Impfstoffs von 24,3 Prozent. Schutz vor einer stationären Behandlung bietet der Impfstoff bei den einmal geimpften Kindern zu 42,3 Prozent.
Für vollständig mit zwei Dosen geimpfte Kinder ermittelten die Forscher eine Impfstoff-Wirksamkeit von 36,8 Prozent gegenüber allen gemeldeten Infektionen, von 65,3 Prozent gegenüber PCR-bestätigte Infektionen und von 82,7 Prozent gegenüber Krankenhausaufenthalten.
Es ist bekannt, dass die Schutzwirkung der Covid-19-Impfstoffe vor Infektionen relativ schnell nachlässt. Diese Beobachtung wurde in der aktuellen Studie bestätigt.
In einer Sekundäranalyse konnten die Autoren zeigen, dass die Wirksamkeit des Impfstoffs gegen alle bestätigten Infektionen bei den vollständig geimpften Kindern im Vergleich zur ungeimpften Kindern 7 bis 14 Tage nach der zweiten Impfstoffdosis bei 48,8 Prozent liegt. Bereits 15 bis 29 Tage nach der zweiten Impfdosis sinkt dieser Wert auf 37,6 Prozent und nach 30 bis 59 Tage nach der zweiten Impfdosis auf 28,5 Prozent. Nach etwa zwei Monaten pendelt sich dann die Schutzwirkung auf einen Wert von 25,6 Prozent ein.
Zwei Dosen Comirnaty à 10 µg schützen Kinder zwischen fünf und elf Jahren deutlich vor Infektionen und Krankenhauseinweisungen. Allerdings ist dieser Schutz gegenüber Omikron deutlich schwächer ausgeprägt als gegenüber Delta. Dies ist wohl darauf zurückzuführen, dass die Omikron-Variante dem Immunsystem besser entkommt als die Delta-Variante.
Dennoch war der durch den Impfstoff vermittelte Schutz vor Krankenhausaufenthalten durch eine Omikron-Infektion kurz nach der Impfung bei den Kindern mit 82,7 Prozent ähnlich hoch ausgeprägt wie derjenige bei Erwachsenen, die drei Dosen mRNA-Impfstoff à 30 µg erhalten hatten. In einer Fall-Kontroll-Studie mit Kindern im Alter von fünf bis elf Jahren in den Vereinigten Staaten waren Schutzwirkungen von zwei Dosen Comirnaty gegen Krankenhausaufenthalte nach einer Omikron-Infektion von 68 Prozent ermittelt worden.
Die Autoren heben hervor, dass eine Stärke ihrer Studie darin liege, dass die Basis für die Studie ein umfassender nationaler Datensatz bildet, der sowohl Impfungen als auch bestätigte SARS-CoV-2-Infektionen und den Schweregrad der Erkrankung enthält. In Singapur wurden der Gesundheitsbehörde bis zum 28. Februar 2022 insgesamt 22 schwerwiegende unerwünschte Ereignisse nach der Impfung (0,005 Prozent aller verabreichten Dosen) bei Kindern im Alter von fünf bis elf Jahren gemeldet.
Allerdings weist die Studie auch Limitationen auf, die hauptsächlich darin liegen, dass der Anteil der Kinder, die aus unterschiedlichen Gründen keinen Gebrauch von dem medizinischen Versorgungsangebot in Singapur gemacht hatten, nicht in die Studie einfließen konnten. Zudem könnten risikoscheue Personen, die weniger bereit sind als andere, sich impfen zu lassen, eventuell auch eher ihre sozialen Kontakte reduzieren, wenn die Infektionsraten hoch sind. Und umgekehrt ist es nicht auszuschließen, dass die Eltern, deren Kinder geimpft wurden, ihren Kindern nach der Impfung möglicherweise einen freieren Umgang mit anderen in ihrem sozialen Umfeld erlauben.