Pharmazeutische Zeitung online
Bundesverwaltungsgericht

Ginkgo-biloba-Trockenextrakt gilt als Arzneimittel

Bestimmte Ginkgo-Präparate gelten künftig als Arzneimittel. Das hat nun das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in Leipzig entschieden. Einer Einstufung als Nahrungsergänzungmittel (NEM) steht demnach auch der Nachweis möglicher Gesundheitsrisiken entgegen. Mit dem Gerichtsbeschluss geht ein jahrelanger Rechtsstreit zu Ende.
Ev Tebroke
13.10.2022  16:00 Uhr
Ginkgo-biloba-Trockenextrakt gilt als Arzneimittel

Ist ein Präparat ein Nahrungsergänzungsmittel (NEM) oder ist es als Arzneimittel einzustufen? Die Grenzen sind oft fließend. So kann die Einnahme eines vermeintlich harmlosen Produkts abhängig von der Dosiervorgabe des Herstellers auch Gesundheitsrisiken bergen.

Im Fall bestimmter Ginkgo-Erzeugnisse hat nun das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in Leipzig Klarheit geschaffen: Laut Beschluss vom 24. August 2022 (BVerwG 3 B 36.21) gelten Präparate, die als wirksamkeitsbestimmenden Inhaltsstoff sogenanntes monographiekonformen Ginkgo-biloba-Trockenextrakt (GbE) enthalten und eine Verzehrempfehlung von 100 mg GbE am Tag geben, als Funktionsarzneimittel.

Der Beschluss beendet ein langjähriges Verwaltungsgerichtsverfahren des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL). Für die Einstufung spielte laut BVL das Kriterium möglicher Gesundheitsrisiken eine große Rolle wie bislang noch nie bei solchen Fragen.

Lebensmittel oder Arzneimittel?

Bereits 2012 hatte das BVL den Antrag eines Unternehmens abgelehnt, besagte Erzeugnisse als Nahrungsergänzungsmittel (NEM) auf den Markt zu bringen und die dafür angefragte Allgemeinverfügung nicht erteilt. Als Begründung verwies das Bundesamt nach eigenen Angaben auf die Arzneimitteleigenschaft der Produkte.

Das Unternehmen, dass die Ginkgo-Präparate hierzulande auf den Markt bringen wollte, war jedoch der Ansicht, es handle sich bei besagten Produkten um Lebens- und nicht um Arzneimittel und klagte gegen die BVL-Entscheidung.

Doch der Kläger unterlag sowohl erstinstanzlich vor dem Verwaltungsgericht Braunschweig (VG Braunschweig, Urteil vom 08.08.2012 – 5 A 52/11) als auch im Berufungsverfahren vor dem Oberverwaltungsgericht Lüneburg (OVG Lüneburg – Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, Urteil vom 02.11.2017 – 13 LB 31/14).

Auch im weiteren Revisionsverfahren vor dem BVerwG bestätigten die Richterinnen und Richter die Einschätzung der Vorinstanzen und die Einstufung des Präparats als Funktionsarzneimittel. Maßgeblich dafür war für sie aber nicht nur die vorliegende pharmakologische Wirkung des Produkts. Dies führe »nicht zwangsläufig zur Beurteilung eines Erzeugnisses als Arzneimittel«, hieß es in dem Urteil (7. November 2019, Az.: 3 C 19.18).

Die Einstufung als Nahrungsergänzungs- oder als Arzneimittel erfordere vielmehr eine Gesamtbetrachtung der Produktmerkmale, bei der auch die möglichen Gesundheitsrisiken der Verwendung zu berücksichtigen seien, hieß es. Das Gericht verwies dabei auf »Auswirkungen eines Erzeugnisses auf die physiologischen Funktionen im Grenzbereich zwischen Nahrungsergänzungs- und Arzneimitteleigenschaft«. Die Sache ging zur Entscheidung zurück ans OVG Lüneburg.

Mehr von Avoxa