Gezielt gegen Multiresistenz |
Antibiotika sind bei zielgerichtetem Einsatz in vielen klinischen Situationen überlebenswichtig. Dies gilt besonders für Reserve-Antibiotika. / Foto: Adobe Stock/Tyler Olson
Antibiotika haben die Medizin des 20. Jahrhunderts revolutioniert. Heute, etwa 100 Jahre nach Entdeckung des Penicillins, stehen zahlreiche Wirkstoffe zur Behandlung von Infektionskrankheiten zur Verfügung. Damit tauchen neue Probleme auf: Je mehr antiinfektive Substanzen eingesetzt werden, desto mehr Resistenzen treten auf – regional und weltweit. Dies ist umso problematischer, da kaum noch neue Substanzen mit neuartigen Wirkmechanismen zugelassen werden.
Einerseits sind Antibiotika bei zielgerichtetem Einsatz überlebenswichtig in vielen klinischen Situationen, andererseits fördert ihre Verwendung die Resistenzbildung bei Bakterien. Die unkritische Anwendung, beispielsweise in Ländern ohne Verschreibungspflicht, der tonnenweise Einsatz in der Massentierhaltung sowie die Produktion in Ländern ohne Umweltauflagen verschärfen die Resistenzsituation. Dies ist nicht nur lokal, sondern global zu spüren.
Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat daher 2015 zu einem »Global Action Plan On Antimicrobial Resistance« aufgerufen. Die fünf Kernstrategien fordern unter anderem ein besseres Bewusstsein und Verständnis für die Resistenzbildung sowie eine Reduktion der Infektionsinzidenz. Nach WHO lassen sich die antiinfektiven Substanzen drei Gruppen zuordnen:
Die Reservesubstanzen sind in der Regel wirksam gegen multiresistente grampositive oder multiresistente gramnegative Erreger (Tabelle 1).
Gramfärbung | Erreger | Beispiele für problematische Keime |
---|---|---|
grampositiv | Staphylokokken | Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus (MRSA) |
grampositiv | Enterokokken | Vancomycin-, seltener Linezolid-resistenter Enterococcus faecium (VRE/LRE) |
gramnegativ | Enterobacteriales: Escherichia coli, Klebsiellen, Proteus, Citrobacter, Enterobacter, Serratia, Morganella und andere | Multiresistente gramnegative (MRGN) Keime: 3-MRGN: Resistenzen gegen drei Wirkstoffe aus den Indexantibiotikagruppen*, 4-MRGN: Resistenzen gegen vier Wirkstoffe aus den Indexantibiotikagruppen* |
gramnegativ | Nonfermenter: Pseudomonaden, Acinetobacter | Multiresistente gramnegative (MRGN) Keime: 3-MRGN: Resistenzen gegen drei Wirkstoffe aus den Indexantibiotikagruppen*, 4-MRGN: Resistenzen gegen vier Wirkstoffe aus den Indexantibiotikagruppen* |
Wie häufig sie tatsächlich eingesetzt werden, hängt stark von der lokalen Resistenzsituation ab, die auch innerhalb Deutschlands deutlich variieren kann. Oft bieten die neuen Cephalosporine in Kombination mit Betalactamase-Inhibitoren eine gut verträgliche Option gegen Problemkeime. Doch vielfach müssen die Ärzte bereits auf andere, weniger wirksame oder verträgliche Substanzen ausweichen.