»Gekürzte Vergütung, explodierende Kosten: Die Lunte brennt« |
Melanie Höhn |
10.11.2022 11:30 Uhr |
Der Vorsitzende des Apothekerverbands Westfalen-Lippe (AVWL) Thomas Rochell befürchtet, dass die Erhöhung des Apothekenabschlags von 1,77 auf 2 Euro befristet auf 2 Jahre einige Apotheken wirtschaftliche überfordern wird. / Foto: AVWL
Wir leben in einer Zeit, »in der kein Stein mehr auf dem anderen zu bleiben scheint« – mit diesen dramatischen Worten eröffnete Thomas Rochell, Vorsitzender des Apothekerverbands Westfalen-Lippe (AVWL), die gestrige Mitliederversammlung des Verbands. »Wir befinden uns offenbar wieder auf der Schattenseite der Geschichte: Das Leid, das Putins Krieg auslöst, relativiert ein Stück weit unsere Sorgen«. Derzeit gehe es für einige Apotheken »um nichts weniger als die unternehmerische Existenz«, sagte er. Energiepreise und damit auch die Sachkoste explodieren, Großhandelskonditionen verschlechtern sich, Personalkosten steigen, die Inflation galoppiere.
In den vergangenen 18 Jahren habe es nur eine geringfügige Anpassung der packungsbezogenen Vergütung gegeben: Real sei die Vergütung der Apotheken deutlich gesunken. Zwischen 2004 und 2022 ergebe sich fast eine Verdopplung der Einnahmen der gesetzlichen Krankenversicherung gegenüber einem Plus von lediglich 21,4 Prozent bei der packungsbezogenen Apothekenvergütung. Damit liege die Apothekenvergütung nicht nur deutlich unter dem Anstieg des Bruttoinlandsprodukts, sondern auch unterhalb der Tariflohnentwicklung in den Apotheken.
In dieser Ausgangslage treffe das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz (GKV-FinStG) die Apothekerschaft hart. »Ich fürchte, die Erhöhung des Apothekenabschlags von 1,77 auf 2 Euro befristet auf 2 Jahre wird einige von uns wirtschaftliche überfordern«, so Rochell. »Gekürzte Vergütung, explodierende Kosten: Die Lunte brennt an beiden Seiten«, erklärte er. Auch die Effizienzreserven, mit denen Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) den erhöhten Kassenabschlag kompensieren wolle, gebe es nicht mehr - »die Zitrone ist gepresst«. Zudem sei es eine Milchmädchenrechnung, dass sich das Minus beim Apothekenabschlag über Hochpreiser und höhere Arzneimittelpreise ausgleichen lasse.