Gekommen, um zu bleiben |
Daniela Hüttemann |
19.03.2023 08:00 Uhr |
Humangenetiker Spielmann sieht noch ein riesiges Einsatzgebiet für die Gentherapie mit CRISPR-Cas: die Modifikation von tierischen Organen zum Einsatz bei Patienten, die auf ein Spenderorgan warten.
Tatsächlich gab es 2022 den ersten (teil)erfolgreichen Versuch am Menschen. Der 57-jährige David Bennett litt unter einer terminalen Herzerkrankung aufgrund einer viralen Kardiomyopathie. Doch da er früher alkoholkrank war, hatte er keinen Anspruch auf ein Spenderherz.
Dieses Schweineherz wurde 2022 mithilfe der CRISPR-Cas-Methode humanisiert und dem Patienten David Bennett eingepflanzt. Bennett überlebte knapp zwei Monate damit. / Foto: Imago/ZUMA Wire
Ein Team um Dr. Bartley Griffith von der University of Maryland ließ ein Schwein von der Firma Revivicor gentechnisch mit zehn CRISPR-Cas-Edits so verändern, dass sein Herz kleiner wuchs und bestimmte Glykosylierungen auf der Oberfläche der Zellen fehlten, die normalerweise das menschliche Immunsystem auf den Plan gerufen hätten (DOI: 10.1056/NEJMoa2201422). Dieses humanisierte Schweineherz wurde dem Patienten im Januar 2022 erfolgreich implantiert. Bennett lebte knapp zwei Monate mit diesem Herzen. 49 Tage nach der Transplantation versagte das Spenderorgan; an Tag 60 wurden lebenserhaltende Maßnahmen abgestellt.
Die Obduktion ergab, dass das Schweineherz ödematös war und sich seine Größe nahezu verdoppelt hatte. Es fanden sich jedoch keine typischen Zeichen einer Transplantat-Abstoßung. Einem Bericht der »New York Times« zufolge wurden bei der Obduktion DNA-Spuren eines Schweinevirus gefunden. Andere Mediziner kommentierten im »New England Journal of Medicine«, dass gerade der Versuch, das Transplantat immunologisch »zu inert« zu machen, paradoxerweise die Abstoßung gefördert haben könnte (»Missing-Self-Phänomen«). Dies ließe sich allerdings mit einer mTOR-Hemmung durch Sirolimus verhindern (DOI: 10.1056/NEJMc2210401).
Griffith und sein Team wollen weitermachen. »Es wäre eine Riesenchance, unser Problem zu lösen, dass wir viel zu wenig Spenderorgane haben«, betont Spielmann. »Daran arbeiten viele Teams und wir werden in zehn Jahren viel weiter sein.«
Daniela Hüttemann studierte Pharmazie an der Philipps-Universität in Marburg. Einen Teil ihres praktischen Jahres forschte sie an der medizinischen Fakultät der National University of Singapore. 2007 erhielt sie die Approbation und begann ein Volontariat bei der Pharmazeutischen Zeitung. Seit 2008 ist sie Redaktionsmitglied und beschäftigt sich besonders mit neuen Themen für die Apothekerschaft, ob pharmazeutische Dienstleistungen, DiGA oder Gentherapien.