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Ein mühsamer Prozess: Jugendliche müssen lernen, eigenverantwortlich mit ihrem Diabetes umzugehen. / Foto: Getty Images/Halfpoint Images
Typ-1-Diabetes ist eine organspezifische Autoimmunerkrankung, bei der sich das körpereigene Immunsystem gegen die insulinproduzierenden Betazellen der Bauchspeicheldrüse richtet. Sobald 80 Prozent dieser Zellen zerstört sind, kommt es zur klinischen Manifestation mit Hyperglykämie-Symptomen wie übermäßigem Durst (Polydipsie), erhöhter Urinausscheidung (Polyurie), Sehstörungen, Müdigkeit und Gewichtsabnahme.
Diese Warnsymptome müssen rasch erkannt werden, da es unbehandelt zu einer massiven Stoffwechselentgleisung, der Diabetischen Ketoazidose (DKA), kommt, die zum Koma führen und tödlich sein kann. Ab der klinischen Manifestation muss lebenslang exogen Insulin zugeführt werden.
Im Kindesalter managen in der Regel die Eltern den Typ-1-Diabetes ihres Kindes. / Foto: Getty Images/Halfpoint Images
Im Kindes- und Jugendalter ist Typ-1-Diabetes die häufigste Stoffwechselerkrankung mit Erkrankungsgipfel um das vierte Lebensjahr und vor der Pubertät. Grundsätzlich kann sie aber in jedem Lebensalter auftreten.
Bei Kindern übernehmen üblicherweise die Eltern das Krankheitsmanagement. Dazu gehören Blutzuckerkontrolle, Insulindosierung und Kohlenhydratberechnungen bei jeder Mahlzeit. Die Erkrankung wird so häufig zum bestimmenden Thema für die ganze Familie. Ab der Pubertät wird es notwendig, dass Jugendliche ihre Stoffwechselerkrankung eigenverantwortlich managen.
Nach den aktuellen Leitlinien der Deutschen Diabetes Gesellschaft wird bei Kindern und Jugendlichen vor allem die Insulinpumpentherapie (CSII: kontinuierliche subkutane Insulin-Infusion) eingesetzt. Dabei gibt eine Insulinpumpe kontinuierlich kurzwirksames Insulin – schnelle oder ultraschnelle Analoga – für den basalen Bedarf ins Unterhautfettgewebe ab. Die Basalratendosis wird in der Pumpe programmiert, zu den Mahlzeiten muss auf Knopfdruck zusätzlich Insulin abgegeben werden.
Bei der sensorintegrierten Pumpentherapie (SiP) sind Insulinpumpen mit CGM-Sensoren (CGM: kontinuierliche Glucosemessung) gekoppelt. Ein Algorithmus errechnet anhand der Sensormesswerte kontinuierlich die benötigte Basalratendosis, die dann automatisch über die Pumpe abgegeben wird. Nur die Insulindosis zu den Mahlzeiten muss manuell in die Pumpensteuerung eingegeben werden.
Eine SiP kann nächtlichen Hypoglykämien vorbeugen, da das System die Zufuhr der Basalrate bei Bedarf automatisch für eine gewisse Zeit unterbricht. Gefährlich wird es aber bei einem technischen Defekt der Pumpe, da der Körper dann rasch in eine absolute Insulinmangelsituation kommt. Manche Patienten stört es, die Pumpe rund um die Uhr zu tragen. Sie darf nur kurz, zum Beispiel beim Schwimmen, abgekoppelt werden. Auch Hautirritationen und Infektionen im Bereich des Katheters können auftreten.
Als Alternative wird die Basis-Bolus-Therapie (funktionelle Insulintherapie) empfohlen. Hier wird einmal am Tag mit einem Insulinpen ein langwirksames Basalinsulinanalogon gespritzt und zu jeder Mahlzeit und zur Korrektur hoher Glucosewerte ein (ultra-)schnelles Insulinanalogon. Dadurch sind mindestens fünf Injektionen pro Tag notwendig.
Dawn-Phänomen: Bei Jugendlichen steigt der Blutglucosespiegel früh morgens noch während des Schlafs stark an. / Foto: Getty Images/Halfpoint Images
Bei der Pumpentherapie wird der Katheter alle zwei bis drei Tage gewechselt, was für die Patienten deutlich angenehmer ist, als mehrmals täglich Insulin zu spritzen. Auch lässt sich damit schneller auf neue Situationen wie spontane Sportaktivität oder einen Infekt reagieren als mit der Basis-Bolus-Therapie.
Bei Jugendlichen steigt der Blutglucosespiegel besonders in den frühen Morgenstunden noch während des Schlafs unter dem Einfluss des Wachstumshormons Somatotropin stark an, was auch als Dawn-Phänomen bezeichnet wird. Dieses kann mit der Basis-Bolus-Therapie nur schlecht reguliert werden. Hier ist der Einsatz sensorgesteuerter Insulinpumpen von Vorteil.
Probleme kurz nach der Erstmanifestation eines Typ-1-Diabetes macht oft die sogenannte Remissions- oder Honeymoon-Phase: Sobald nach der Diagnosestellung exogen Insulin zugeführt wird, erholen sich die Betazellen für eine gewisse Zeit und beginnen mit einer Restsekretion von Insulin. Der exogene Insulinbedarf ist in dieser Zeit zwar sehr niedrig, trotzdem kann nicht gänzlich auf die Insulinzufuhr von außen verzichtet werden. Die Restsekretion von körpereigenem Insulin erlischt spätestens nach einem bis zwei Jahren endgültig.