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Sichere Medikation
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Frau, Migränepatientin – und schwanger

Die Einnahme von Medikamenten in der Schwangerschaft ist immer ein heikles Thema. Oft fehlen Daten, um die Sicherheit der Anwendung zu beurteilen. Auf Migränemittel trifft das teilweise auch zu – aber teilweise auch nicht.
AutorKontaktAnnette Rößler
Datum 06.09.2024  13:30 Uhr
Betablocker und Amitriptylin: Anpassungsstörungen vermeiden

Betablocker und Amitriptylin: Anpassungsstörungen vermeiden

Zu den Wirkstoffen, die vorbeugend zur Verhinderung von Migräneanfällen eingesetzt werden, zählen Betablocker wie Metoprolol und Propranolol sowie Antidepressiva wie Amitriptylin. Diese können laut Paulus bei Bedarf während der gesamten Schwangerschaft und in der Stillzeit weiter gegeben werden. Allerdings dürften rund um die Geburt »keine Maximaldosen« eingesetzt werden, da es sonst zu Anpassungsstörungen beim Neugeborenen kommen könne.

Die Antikonvulsiva Topiramat und Valproat seien wegen ihres teratogenen Potenzials in der Schwangerschaft kontraindiziert – auch als Migräneprophylaxe. Im vergangenen Jahr kam der Verdacht auf, dass Valproat auch das Risiko für neurologische Entwicklungsstörungen erhöhen könnte, und zwar wenn der Vater des Kindes damit behandelt wird. Die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) hat deshalb beschlossen, dass dieser Wirkstoff Männern nur noch von spezialisierten Ärzten verordnet werden darf. Hierzu sagte Paulus: »Das können wir von der Pathophysiologie her nicht wirklich nachvollziehen. Deshalb glauben wir eigentlich nicht an einen kausalen Zusammenhang zwischen Valproat-Einnahme bei Männern und kindlichen Entwicklungsstörungen.«

Zu den Migräneprophylaktika ohne ausreichende Datenbasis in der Schwangerschaft zählte Paulus Botulinumtoxin sowie die Antikörper Eptinezumab, Erenumab, Galcanezumab und Fremanezumab. In der Stillzeit sei eigentlich nicht davon auszugehen, dass die Antikörper als große Proteinmoleküle in nennenswertem Umfang in die Muttermilch übergehen. Zudem würden sie in diesem Fall vom Säugling weitgehend verdaut. Allerdings fehlten auch für die Anwendung in der Stillzeit Daten, die die Sicherheit belegen würden.

Überhaupt sei der Mangel an Daten ein großes, wenn nicht das zentrale Problem der Embryonaltoxikologie. Da Schwangere und Stillende aus ethischen Gründen von klinischen Studien ausgeschlossen sind, sei man auf Beobachtungsstudien mit sehr inhomogenen Expositionsdaten angewiesen. Reprotox und Embryotox, die beiden großen Institutionen, die sich in Deutschland um diese Fragen kümmen, seien chronisch unterfinanziert. »Um unsere Beratungs- und Forschungsaktivitäten zu intensivieren und somit eine bessere Versorgung der betroffenen Frauen zu gewährleisten, fordert die DMKG schon seit Langem eine finanzielle Stärkung«, betonte der Referent zum Abschluss.

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