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Alzheimer-Therapie

Fokus auf Amyloid und Tau-Fibrillen

Die Ursachen der Alzheimer-Erkrankung sind weitgehend unbekannt, eine kausale Therapie ist nicht verfügbar. Intensive Forschung hat neue Verfahren zur Frühdiagnostik sowie Antikörperbehandlungen gegen Amyloid- und Tau-Proteine hervorgebracht, die neue Hoffnung auf eine wirksame Therapie geben.
Carsten Culmsee
Jana Fedjaev
Hanna Rosemarie Hofmann
Johanna Lücke
27.10.2024  08:00 Uhr

Vorsichtiger Optimismus

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Ergebnisse der klinischen Studien mit Donanemab und Lecanemab grundsätzlich Hoffnung auf eine innovative Antikörper-gestützte Behandlung bei Demenz geben. Auch wenn die klinische Relevanz der Effekte eher gering ist, die Applikationsintervalle von zwei bis vier Wochen über Jahre hinweg ungünstig erscheinen und schwerwiegende Nebenwirkungen wie ARIA zu beachten und zu überwachen sind: Erstmals ist bei Patienten der klinische Nachweis gelungen, dass Aβ das Fortschreiten der Alzheimer-Erkrankung mitbestimmt und als therapeutischer Angriffspunkt relevant ist.

Allerdings müssen die Antikörper in einem sehr frühen Stadium der Alzheimer-Erkrankung eingesetzt werden, also bei Patienten mit gering eingeschränkter kognitiver Leistungsfähigkeit, bevor die Neurodegeneration zu weit fortgeschritten ist. Die Optimierung und Überwachung der Therapie sowie die Erkennung von geeigneten Patienten sind wesentliche Herausforderungen für den künftigen Erfolg dieses Ansatzes.

Neuer Ansatz mit Anticalinen

In weiteren Studien wurde bei Patienten die Bildung von Auto-Antikörpern gegen das Aβ-Protein nachgewiesen. Aβ pharmakologisch frühzeitig zu binden, könnte möglicherweise Vorteile gegenüber den biotechnologisch hergestellten Antikörpern bieten (56–58). Einer Arbeitsgruppe der Technischen Universität München gelang es in einem Beta-Amyloidose-Mausmodell, die löslichen Vorläufer der Amyloid-Plaques, unter anderem Aβ-Monomere oder -Oligomere, mithilfe von sogenannten Anticalinen abzufangen.

Anticaline sind synthetisch hergestellte, kleine Proteine, die auch niedermolekulare Antigene spezifisch binden können, sodass das Prinzip dem eines Antikörpers ähnelt. Allerdings sind Anticaline weniger immunogen und können besser in Gewebe eindringen. Das Aβ-bindende Anticalin konnte im Mausmodell die Aggregation von neurotoxischen Aβ-Oligomeren unterbinden und somit früh auftretende neuronale und synaptische Dysfunktionen umkehren (59).

Angriff an Tau-Proteinen

Andere Strategien richten sich gegen das Tau-Protein, das in Form der Neurofibrillen ebenfalls zur Neurodegeneration beiträgt.

Beispielsweise wurde Semorinemab, ein IgG4-Antikörper, der die N-terminale Domäne des Tau-Proteins bindet, in einer Phase-II-Studie an 457 Patienten im Alter zwischen 50 und 80 Jahren mit beginnender bis milder Alzheimer-Demenz getestet. Sowohl in der Verum- als auch in der Placebogruppe wurde kein Einfluss auf die Verschlechterung der kognitiven Fähigkeiten festgestellt. Liquor-Analysen zeigten zwar, dass pTau-Werte unter Semorinemab geringfügig abnahmen, jedoch konnten in PET-Untersuchungen keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich zerebraler Atrophie oder Tau-Ablagerung nachgewiesen werden (60).

Ob die Langzeitanwendung solcher Antikörper ausreichend sicher ist und zumindest für einen Teil der Demenzpatienten in frühen Erkrankungsphasen einen Nutzen bezüglich der kognitiven Funktionen bringt, müssen weitere klinische Studien erst noch zeigen.

Aber auch die Amyloid-Antikörper könnten sich auf die Tau-Pathologie auswirken. In der Phase-II-Studie mit Donanemab wurden neben den kognitiven Fähigkeiten auch die Tau-Spiegel über PET-Screening bestimmt. Im Vergleich zu Placebo wurde eine signifikante Verlangsamung der gesamten Tau-Akkumulation um 34 Prozent erreicht, vor allem im Schläfen-, Scheitel- und Frontallappen des Großhirns, also genau den Regionen, die von der Alzheimer-Demenz stark betroffen sind. Die Tau-Akkumulation war besonders bei den Patienten verringert, bei denen auch eine vollständige Amyloid-Plaque-Clearance erreicht wurde. In manchen frontalen Hirnregionen wurde das Fortschreiten der Tau-Agglomeration beinahe komplett gestoppt. Die Reduktion der Amyloid- und der Tau-Spiegel korrelierte insbesondere dann, wenn der Effekt früh nach Behandlungsbeginn eintrat.

Die Ergebnisse der Studie deuten darauf hin, dass die Änderung der Amyloid-Spiegel auch für das Fortschreiten der Tau-Pathologie relevant sein könnte.

Neben den Amyloid-Antikörpern mit indirekten Effekten auf die Tau-Pathologie werden derzeit auch humanisierte monoklonale Anti-Tau-Antikörper erforscht. Dies gilt ebenso für Effekte über Translationsinhibition durch den niedermolekularen Wirkstoff Buntanetap, mesenchymale Stromazellen (Lomecel-B) sowie Repurposing des für die AD(H)S-Therapie zugelassenen Noradrenalin-Wiederaufnahme-Hemmers Atomoxetin. Studien zeigen bislang weitgehend positive Resultate. Dabei handelt es sich jedoch um Phase-I- und -II-Studien, und erst klinische Studien der Phase III können klinisch relevante Nachweise der Wirksamkeit liefern.

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