Fachgesellschaft meldet sich zu Wort |
Das Syndrom ist nach den französischen Ärzten Georges Charles Guillain und Jean-Alexandre Barré benannt, die die Symptome der Erkrankung vor mehr als 100 Jahren beschrieben haben. / Foto: Shutterstock/Vitalii Vodolazskyi
Das Guillain-Barré-Syndrom (GBS) ist ein schweres neurologisches Krankheitsbild. Durch eine überschießende Autoimmunreaktion, häufig in Folge von Infekten, wird die Myelinschicht der peripheren Nerven geschädigt, sodass die Nervenfasern keine Reize mehr übertragen können. Oft lassen sich Autoantikörper gegen Baubestandteile der Nervenmembranen (Ganglioside) im Blut nachweisen.
Folgen der Erkrankung sind Lähmungen, die meistens beidseitig in den Beinen beginnen, dann auch die Arme und das Gesicht betreffen. Bei einigen Patienten kann die Atemmuskulatur in Mitleidenschaft gezogen werden, sodass sie beatmet werden müssen. Die Betroffenen erhalten zur Therapie entweder hochdosiert intravenös Immunglobuline oder es erfolgt eine Plasmapherese, also ein Blutreinigungsverfahren, bei dem die krankheitsauslösenden Autoantikörper herausgefiltert werden.
Kürzlich wurde über rund 100 Fälle eines GBS in zeitlichem Zusammenhang mit der Impfung der Covid-19-Vakzine von Janssen (Johnson und Johnson) berichtet und die US-Arzneimittelbehörde FDA hat das GBS in ihre Warnhinweise zu dem Impfstoff aufgenommen. Auch in zeitlichem Zusammenhang mit der Impfung mit Vaxzevria® von Astra-Zeneca wurden GBS-Fälle berichtet.
Die von den Behörden erhobenen Zahlen stellen keine besorgniserregende Erhöhung der GBS-Rate dar und derzeit gibt es auch keinen Beleg für einen kausalen Zusammenhang, so Professor Dr. Peter Berlit, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) in einer Pressemitteilung. »Die Inzidenz des GBS in Deutschland beträgt 1,6-1,9 pro 100.000 Einwohner. Bei 83,13 Mio. Einwohnern treten in Deutschland jährlich zwischen 1300 und 1570 GBS-Fälle auf.«
Die bisher von der europäischen Arzneimittelbehörde EMA erhobene Zahl an GBS-Fällen im Zusammenhang mit der Covid-19-Impfung stelle keine besorgniserregende Erhöhung der GBS-Rate dar und derzeit gebe auch keinen Beleg für einen kausalen Zusammenhang. »Insgesamt ist das GBS-Risiko durch die Impfung gegen SARS-CoV-2 nach heutigem Kenntnisstand als sehr gering einzustufen – und wir haben zum Glück eine wirksame Therapie dieses Krankheitsbilds zur Verfügung.«
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.