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Arthrose, Arthritis und Gicht

Ernährung hat kaum Einfluss auf Verlauf von Rheuma

Eine antientzündliche Ernährungsweise gehört zu den allgemeinen Empfehlungen für Patienten mit Arthrose oder rheumatoider Arthritis. Ein neuer Review sieht jedoch höchstens einen geringen Effekt auf die Progression. Gleiches gilt für Nahrungsergänzungsmittel.
Daniela Hüttemann
08.06.2022  17:00 Uhr

Eine gesunde Ernährung ist natürlich nie verkehrt. Patienten mit Erkrankungen aus dem rheumatischem Formenkreis, deren gemeinsames Kennzeichen schubweise Schmerzen und Funktionsstörungen des Bewegungsapparates sind, wird beispielsweise eine pflanzenbetonte Kost empfohlen. Aber kann eine solche Ernährungsweise oder auch die Anwendung von Nahrungsergänzungsmitteln wie Fischölkapseln oder Glucosamin den Verlauf einer rheumatischen Erkrankung beeinflussen?

Um diese Frage zu beantworten, ließ die »European League Against Rheumatism« (EULAR), Europas große Fachgesellschaft für rheumatische Erkrankungen, die Literatur sichten. Gesucht wurden klinische Daten zum Einfluss von Ernährung oder Nahrungsergänzungsmitteln auf Schmerzen, Gelenkschäden und die physische Funktion von sieben Erkrankungen: Arthrose, rheumatoide Arthritis, systemischer Lupus erythematosus (SLE), axiale Spondyloarthritis, Psoriasis-Arthritis, systemische Sklerose und Gicht.

Letztlich erstellten die Experten eine Art Super-Review aus 24 Übersichtsarbeiten, denen insgesamt 150 Originalarbeiten zugrunde lagen. Die Ergebnisse des systematischen Reviews sind vor Kurzem im Fachjournal »RMD Open« veröffentlicht worden.

Ernährung für Krankheitsverlauf »klinisch unbedeutsam«

»Obwohl eine gesunde Ernährung andere Gesundheitsvorteile mit sich bringt, ist jeder Einfluss auf rheumatoide und muskuloskelettale Erkrankungen gering und klinisch unbedeutsam«, so das vernichtende Urteil. Grundsätzlich gebe es aber nicht genügend ernährungswissenschaftliche Studien hoher Qualität. Zudem sei die Bandbreite der untersuchten Interventionen sehr groß gewesen, darunter tierische Produkte, experimentelle Diäten, Obst und Gemüse plus andere pflanzenbasierte Interventionen, Mineralien, Vitamine und andere Supplemente waren darunter.

Sowohl bei Arthrose als auch rheumatoider Arthritis sei die Datenlage dürftig bis sehr dürftig. Moderate Evidenz bei Arthrose liege höchstens für Fischöl, Chrondroitin, Glucosamin, Vitamin D, Avocado und Sojabohnen vor, doch auch hier gilt wie beim Gesamturteil: kaum Einfluss auf die Progression und kein klinischer Benefit. Gleiches gilt bei rheumatoider Arthritis für Probiotika, Vitamin D und Fischöl/Omega-3-Fettsäuren. Und auch bei den anderen Erkrankungen ließ die Evidenz zu wünschen übrig und klinische Effekte waren nicht nachweisbar.

»Basierend auf der derzeitigen Beweislage gibt es keine einzige diätetische Intervention, die den Patienten spürbare Vorteile bringt«, so das Fazit der Reviewautoren um Dr. Suzanne Verstappen vom Centre of Epidemiology Versus Arthritis an der Universität Manchester. Trotzdem betonten sie, dass die Betroffenen sich gesund ernähren und nicht zu viel Gewicht auf die Waage bringen sollten. Dies sollte auch durch Heilberufler kommuniziert werden. Schließlich habe eine generelle gesunde Ernährung andere gesundheitliche Vorteile zu bieten – zum Beispiel auf die kardiovaskuläre und mentale Fitness.

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