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Dienstleistungsvergütung

Erhalten Ärzte wirklich weniger Geld als Apotheker?

Mehrere Ärztekammern und -verbände haben in den vergangenen Tagen gegen den Start der pharmazeutischen Dienstleistungen gepoltert. Dabei fällt auf: Die Mediziner führen selten Versorgungsaspekte an, vielmehr geht es ihnen ums Geld. Angeblich würden die Apotheker nun besser vergütet als die Kassenärzte. Schaut man sich die Vorgaben zur Ärztevergütung an, ist dieses Argument aber wenig stichhaltig.
Benjamin Rohrer
17.06.2022  14:00 Uhr

Seit dem Bekanntwerden des schriftlichen Schiedsspruches dürfen Apotheker ihren Patienten fünf vergütete pharmazeutische Dienstleistungen anbieten. Weil sich Kassen und Apotheker nicht einigen konnten, musste eine Schiedsstelle insbesondere die Inhalte und die Vergütung dieser Dienstleistungen festlegen. Laut Schiedsspruch erhalten die Pharmazeuten so beispielsweise 90 Euro für eine erweiterte Medikationsberatung bei Patienten mit einer Polymedikation. Ein weiteres Beispiel: 11,20 Euro dürfen die Apotheken bei den Kassen abrechnen, wenn sie bei Patienten den Blutdruck messen, die mindestens einen Blutdrucksenker einnehmen. (Hier lesen Sie nochmals alle Details zum Start der Dienstleistungen.)

Mehrere Ärzteverbände und -kammern laufen nun Sturm gegen diese Festlegungen. Den Medizinern geht es in ihren Statements selten um Versorgungsfragen, also beispielsweise zur Ausgestaltung und zum Bedarf der Dienstleistungen. Vielmehr heißt es in fast allen Ärzte-Mitteilungen, dass das Apothekenhonorar zu hoch angesetzt sei. Der NAV-Virchowbund gibt beispielsweise an, dass die Mediziner selbst für Langzeit-Blutdruckmessungen nur 6,42 Euro abrechnen können. Für einen Medikationscheck sollen die Praxen demnach lediglich 4,39 Euro erhalten. Auf Basis dieser angeblich zu hohen Vergütungsunterschiede fordern die Mediziner nun ihrerseits Honorarerhöhungen. Aber wie stichhaltig sind die Ärzte-Argumente? Erhalten die Apotheken fortan wirklich mehr Geld für die gleichen Leistungen?

Ärzte rechnen mehrere Leistungen gleichzeitig ab

Um diese Fragen zu beantworten, genügt ein Blick in den Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM), der die Grundlage für alle Abrechnungen der Kassenärzte im GKV-Bereich ist. Demnach erhalten die Mediziner (GOP 03324) in der Tat 6,42 Euro für eine 24-Stunden-Blutdruckmessung. Was der NAV-Virchowbund allerdings nicht erwähnt sind die vielen anderen EBM-Einträge, die die Praxen zusätzlich abrechnen können. Hinzu kommt beispielsweise eine Versichertenpauschale, die einmalig pro Quartal abgerechnet werden kann (zwischen 12,84 Euro und 22,53 Euro). Hinzu kommen eine Vorhaltepauschale (15,55 Euro), eine Chronikerpauschale, die bei multimorbiden Patienten abgerechnet wird (14,65 Euro) sowie die Vergütung des Auswertungsgesprächs (je vollendete 10 Minuten 14,42 Euro). Die EBM-Einträge sehen außerdem unterschiedliche Werte je nach Alter der Patienten vor. Rechnet man alle Werte zusammen, kommt man bei einer Langzeit-Blutdruckmessung allerdings auf Werte zwischen 50 und 60 Euro.

Zusatz-Honorare in Hausarztverträgen

Und auch der Vergleich in Sachen Medikationsanalyse hinkt. Der NAV-Virchowbund bezieht sich bei seiner Angabe (4,39 Euro) auf die Gebührenordnungsposition 01630, die die Erstellung eines Medikationsplans und die Aushändigung dessen in Papierform an den Patienten oder dessen Bezugsperson sowie gegebenenfalls Übertragung auf die elektronische Gesundheitskarte (eGK) vorsieht. Auch hier gilt wieder, dass die Praxen oftmals nicht nur diese eine Position abrechnen, sondern zahlreiche weitere Chroniker- und Versichertenpauschalen in Rechnung stellen können. Grundsätzlich stellt sich auch die Frage, ob der vom NAV-Virchowbund angeführte Vergleich mit dem Ausstellen eines Medikationsplanes zulässig ist. Schließlich erstellen die Apotheken als Dienstleistung eine aufwändige Medikationsanalyse. Was die Ärzteverbände zudem verschweigen sind zahlreiche Selektivverträge, die neben der EBM-Vergütung zusätzlich mit einzelnen Kassen ausgehandelt wurden. Das bekannteste Beispiel sind hier sicherlich die Hausarztverträge – viele dieser Verträge sehen Extra-Honorare für echte Medikationschecks vor. Hausärzte aus Berlin, die mit der Kanppschaft abrechnen, erhalten beispielsweise 4 Euro pro Quartal als Grundpauschale für die Koordination und 80 Euro für den Medikationscheck ohne Konsil sowie 160 Euro für einen Medikationscheck mit Konsil.

Schiedsspruch enthält bereits Abschläge für Apotheken

Die Ärzteverbände sollten zudem einen Blick in den schriftlichen Schiedsspruch werfen, um zu verstehen, dass ihr Vergütungsneid unangebracht ist. Denn daraus geht hervor, dass der Deutsche Apothekerverband (DAV) bei der Vergütung mehrere Niederlagen schlucken musste. Der DAV hatte gefordert, dass als Berechnungsgrundlage für die Dienstleistungen die Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) herangezogen wird, die für Privatpatienten gilt und weitaus höhere Honorare als der EBM vorsieht. Doch die Schiedsstelle ließ diesen Wunsch nicht zu und schreibt deutlich, dass der EBM die Vergleichsbasis sei. Wichtig ist zudem, dass die Unabhängigen gleich an zwei Stellen festhalten, dass die Apothekenhonorare tiefer angesiedelt sein müssen als die im EBM festgehaltenen Werte. Als Vergleichswert haben die Schiedsrichter stets die oben angeführten 14,42 Euro angeführt, die ein Kassenarzt für vollendete 10 Minuten Arztgespräch erhält. Dann wurde auf alle Apotheken-Leistungen grundsätzlich ein 20-prozentiger Abschlag im Vergleich zum EBM abgezogen. Bei den delegierbaren Leistungen, also Dienstleistungen, die auch von PTA erbracht werden dürfen, kommt sogar noch ein 60-prozentiger Abschlag hinzu.

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