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Pharmazeutische Dienstleistungen

Virchowbund sieht Geld in Arztpraxen sinnvoller eingesetzt

Der Virchowbund reiht sich in die Kritik der Ärzteschaft an den neuen pharmazeutischen Dienstleistungen ein. Der Verband zweifelt die fachliche Qualifikation der Apotheker zwar nicht an, sieht aber dennoch den behandelnden Arzt als die koordinierende Stelle bei Polymedikation. Außerdem fordert er eine höhere Vergütung kassenärztlicher Leistungen.
Svea Türschmann
15.06.2022  15:00 Uhr
Virchowbund sieht Geld in Arztpraxen sinnvoller eingesetzt

Seit Veröffentlichung der durch die Schiedsstelle festgesetzten neuen pharmazeutischen Dienstleistungen und insbesondere deren Vergütung reißt die Kritik seitens der Ärzteschaft nicht ab. Nun meldet sich auch der Virchowbund zu Wort. Er vertritt bundesweit rund 144.000 niedergelassene Haus- und Fachärzte. Während die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Hessen von »staatlich geförderter Abzocke in Apotheken« spricht und den Apothekern ihre fachliche Qualifikation für die kürzlich vereinbarten pharmazeutischen Dienstleistungen abspricht, hält sich der Virchowbund mit Kritik an den Apotheken selbst zurück.

Aber: »Wenn man davon ausgeht, dass die neuen pharmazeutischen Dienstleistungen von der Schiedsstelle adäquat bewertet wurden, lässt das nur einen Schluss zu: Die ärztlichen Leistungen sind deutlich unterfinanziert«, erklärt der Bundesvorsitzende Dirk Heinrich. Vom Schiedsspruch gehe eine Signalwirkung für die nächsten Honorarverhandlungen zwischen Vertragsärzteschaft und Kassen aus. Die Kassen seien offensichtlich in der Lage, deutlich mehr Geld für die Versorgung ihrer Versicherten auszugeben. »Dieses Geld ist am sinnvollsten dort eingesetzt, wo die Hauptlast der Versorgung abgefedert wird: in den Arztpraxen«, so Heinrich.

Blutdruckmessung in Apotheken überfinanziert

Als Beispiel führt der Verband die »standardisierte Risikoerfassung« bei Menschen mit Hypertonie an, wonach Apotheken für das dreimalige Blutdruckmessen wie vom Schiedsamt festgesetzt 11,20 Euro netto erhalten. Das sei beinahe doppelt so viel, wie ein niedergelassener Arzt für eine Langzeit-Blutdruckmessung über mindestens 20 Stunden hinweg inklusive Auswertung und Beurteilung des Befunds erhalte, denn diese kassenärztliche Leistung sei derzeit mit 6,42 Euro bewertet, kritisiert der Verband in seiner Mitteilung.

Auch als Teil des Belastungs-EKGs oder der gynäkologischen Krebsvorsorge sei die Blutdruckmessung deutlich günstiger bei den Ärzten: Das EKG mit mindestens zwölf Ableitungen und wiederholter Blutdruckmessung werde mit 22,31 Euro vergütet. Die einfache Krebsvorsorgeuntersuchung in der gynäkologischen Praxis, die zusätzlich zu einer Reihe von anderen Leistungen ebenfalls die Kontrolle des Blutdrucks enthalte, wird mit 17,91 Euro bewertet.

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